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„Da kommt keine Maus durch“

Aufrufe im Internet fordern kreativen und widerspenstigen Protest während des Bush-Besuchs. Polizei gibt sich gelassen. Aufenthaltsorte des US-Präsidenten werden rigoros abgesperrt, Demos nur fernab genehmigt

Der Countdown läuft. In zwölf Tagen kommt US-Präsident George W. Bush nach Berlin. „Wir liegen gut im Zeitplan“, sagt Polizeidirektor Gerfried Lindner, Leiter des Vorbereitungsstabes für den Bush-Besuch. Auch die Gegenseite schläft nicht. Für die Zeit vom 21. bis zum 23. Mai sind drei Demonstrationen sowie diverse Kundgebungen gegen Bush angemeldet worden.

Weitere denkbare Aktivitäten finden sich auf den bekannten linken Domains im Internet. In Anspielung auf die Krawalle, die 1987 den Besuch von Ronald Reagan begleitet hatten, wird dort zum „Volxsport“ aufgerufen. Soll heißen: die Meinung sagen, Straßen bemalen, Torten werfen, Bush helfen seine Koffer zu packen und ihn aus der Stadt verjagen. Kurzum: „Kreativ und widerspenstig“ sein.

Berichte, wonach „mehrere tausend Linke“ unter dem Motto „Mayday – Double-U kommt nach Berlin“ in die Hauptstadt reisen und den Besuch von Bush stören wollen, bestätigt Lindner so nicht. Es gebe bislang keine „hinreichenden Hinweise“ für geplante Gewalttätigkeiten und Blockaden wie 1987. Damals hatte die Polizei als Prävention gleich halb Kreuzberg abgeriegelt und somit potenziellen Demoteilnehmern den Zugang verwehrt.

Die bundesweite Mobilisierung nach Berlin werde aber unter Nutzung sämtlicher Informationsquellen mit Argusaugen verfolgt. „Wir liegen auf der Lauer“, so Polizeidirektor Lindner. Wenn etwas im Busch ist, „kriegen wir das noch raus“. Lagebilder hätten es nun mal so an sich, dass sie sich erst kurz dem Ereignis verdichteten.

Wenn Bush in Berlin weilt, gilt in der Stadt die Gefährdungstufe eins. Was das heißt, ist von früheren Besuchen von US-Präsidenten hinlänglich bekannt. Ein Vorauskommando der Amerikaner war schon vor Wochen da, um die Lage zu sondieren. Mitte kommender Woche werden dutzende von Kaugummi kauenden, sonnenbebrillten Officers vom Securtiy Service Bushs Stationen und Routen einem Feincheck unterziehen. Die Frage ist, ob Bush durch Berlin rollt oder fliegt. „Kein Kommentar“, sagt dazu Lindner. Dass ein US-Präsident zweigleisig fährt, hat schon Bill Clinton vorgemacht: Er hatte immer einen Hubschrauber und eine gepanzerte Limousine im Reisegepäck.

Ähnlich wie am 1. Mai wird die Polizei mit mindestens 7.500 Beamte im Einsatz sein. Das wird aber auch die einzige Gemeinsamkeit mit dem randaleträchtigen Datum sein. Beim Bush-Besuch gilt ein engmaschiges Sicherheitskonzept. Egal ob Adlon oder Schloss Bellevue, wo immer der Präsident weilt, wird rigoros abgesperrt. „Da kommt keine Maus durch“, meint Lindner. Und Anlieger nur mit Ausweis.

Über die Routen der Demonstrationen will die Polizei am heutigen Freitag mit den Anmeldern verhandeln. Mit der Großdemonstration am 21. Mai scheint es keine Probleme zu geben, weil Bush dann noch nicht da ist. Die Anmelderin „Achse des Friedens“ rechnet mit 20.000 Teilnehmern. Mittlerweile wird der Aufruf von rund 200 Organisationen aus dem Spektrum der Friedensgruppen und Globalisierungskritiker sowie dem Bundes- und Landesvorstand der PDS mitgetragen. Das Motto: „Wir wollen Ihre Kriege nicht, Herr Präsident“.

Die Berliner Bündnisgrünen wollen mit Menschenrechts- und Umweltgruppen einen eigenen Aufruf zu der Demonstration herausgeben, weil ihnen das Anti-Kriegs-Motto zu eng gefasst ist. An Bushs Politik gebe es viel mehr zu kritisieren, sagt die Landesvorsitzende der Grünen, Regina Michalik.

Die übrigen Demonstrationen und Veranstaltungen werden laut Lindner nur dann zugelassen, wenn diese nicht mit dem Besuchsprogramm des US-Präsidenten kollidieren. Versammlungsfreiheit ja, aber in „akzeptablem Abstand“, lautet die Vorgabe. Auch auf behelmte Polizeipräsenz bei den Demonstrationen und auf allzeit zum Eingreifen bereite Zivilkräfte müsse sich ein mögliches Störpotenzial in den Tagen des Bush-Besuchs einstellen. Das Fazit des Polizeidirektors: „Es gibt keine Steigerung mehr.“ PLUTONIA PLARRE

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