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Nicht mehr als eine symbolische Geste

Das Dopingopfer-Gesetz, welches heute im Bundestag seine erste Lesung erfährt, soll im Juni verabschiedet werden. Die Politiker sehen die Grenzen des Machbaren erreicht, ein Teil der Betroffenen hat andere Vorstellungen

BERLIN taz ■ Ein Weg, den die Beteiligten als „steinig“, „ermüdend“, ja sogar „quälend“ empfunden haben, nimmt sein Ende – scheinbar. Denn das heute im Bundestag in erster Lesung eingebrachte Gesetz zur Entschädigung der DDR-Dopingopfer trifft bei den besonders schwer geschädigten Sportlern auf Ablehnung. Sie wollen sich nicht mit einer Einmalzahlung von 5.000 Euro zufrieden geben und weiter für ihr Ziel einstehen, eine dauerhafte Unterstützung vom Staat zu erhalten. Die Bundesregierung stellt 2 Millionen Euro bereit. Mit etwa 500 Anträgen auf Entschädigung wird gerechnet. Das Gesetz geht nach der ersten Beratung zurück in die Ausschüsse, bevor es im Juni endgültig verabschiedet wird.

Ines Geipel möchte diesen Termin verhindern. Die ehemalige Jenenser Sprinterin, mittlerweile Schriftstellerin und Autorin des Buches „Doping – Verlorene Spiele“, will einen offenen Brief an die Bundesregierung schreiben. Geipel versteht sich als Fürsprecherin eines Kreises von ehemaligen Leistungssportlerinnen, die in der DDR mit Anabolika gedopt wurden und ihren Körper damit irreversibel schädigten. „Die Schäden können mit diesem Gesetz nicht aufgefangen werden“, sagt Geipel und verweist darauf, keineswegs für die Masse der Opfer zu sprechen. Der Großteil werde die Zahlung als das anerkennen, was sie vor allem ist: eine symbolische Geste.

Geipel reklamiert indes für solche Fälle wie den der Ruderin Cornelia Jeske „einen anderen Rahmen“. Jeske (37) ist wegen einer schmerzhaften Schädigung des Rückenmarks bettlägerig. Geipel hofft, noch einmal im Sportausschuss vorsprechen und ihre Bedenken vortragen zu können. Zumal Bundestagspräsident Wolfgang Thierse unlängst in der FAZ anbot, dass man nach Auszahlung des Festbetrages „weiterreden könne, ob das reicht und was finanziell künftig noch möglich ist“. Eine Offerte, die Geipel aufgreifen möchte.

Sich für das Gesetz stark gemacht hat der Grüne Winfried Hermann. Er hofft, dass durch Mittel der Wirtschaft, des Nationalen Olympischen Komitees und des Deutschen Sport-Bunds der Betrag von 2 Millionen Euro aufgestockt werden kann. Es sieht freilich schlecht aus. Die Industrie hält sich zurück. Den Appell an NOK und DSB findet der Spiegel allenfalls „niedlich“. Denn auf die Läuterung der Verbandsfürsten zu hoffen, der Profiteure des Sportwunderlandes DDR, sei bisher immer fehlgeschlagen. Hermann sagt deutlich: „Der Festbetrag muss sein.“ Er wisse, dass das nicht genug sei. Die Ankündigung einiger Dopingopfer, auf dieser Basis ihren Antrag gar nicht erst an das Bundesverwaltungsamt in Köln zu stellen, findet er „schade“. Schließlich habe er nur versucht, deren Bitte um schnelle, unbürokratische Hilfe zu entsprechen. Alles andere, etwa eine Rentenzahlung bzw. die Aufnahme ins Bundesversorgungsgesetz, hätte „Jahre gedauert“. Und: „Alle anderen als die allerschwersten Opfer hätten so lange in den Mond geguckt.“

Arrangiert hat sich Klaus Zöllig mit dem Gesetz. Der Leiter des Vereins für Doping-Opfer-Hilfe in Weinheim hat bislang 300 Anträge registriert. Einzureichen sind ein ärztliches Gutachten sowie ein Abriss der Sportkarriere. Ein „plausibler Zusammenhang“ müsse bestehen. Sein Verband sortiert die Fälle vor. Eine im August in Berlin öffnende Beratungsstelle soll Auskunft und Rat geben. Birgit Boese, als ehemalige Kugelstoßerin selbst Dopingopfer, wird sie leiten. Es müsse noch viel Aufklärung geleistet werden, sagt Geipel und fordert Beratungsstellen vor allem im Osten. Zöllig ist froh, das Gesetz „überhaupt“ zu haben. Er habe auch viel mehr als diese „klägliche Summe“ gewünscht. „Aber mehr war nicht drin. Man muss den realistischen Kontext beachten.“ Ines Geipel stemmt sich mit Macht gegen diesen Realitätszwang. Sie hat gute Gründe: „Die Leidensgeschichte steht dafür, noch mal zu kämpfen.“ MARKUS VÖLKER

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