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Keine Lehrer, keine Inhalte

Klar ist: Es soll Islamunterricht in Nordrhein-Westfalen geben. Aber bisher konnten sich Kultusministerium und muslimische Verbände nicht auf ein Curriculum einigen

DÜSSELDORF taz ■ Islamischer Religionsunterricht in deutscher Sprache – das soll in Nordrhein-Westfalen künftig normales Schulfach sein. Die Lehrer werden an einem neuen, bundesweit einmaligen Lehrstuhl „Islamische Theologie“ der Uni Münster ausgebildet. Noch nicht geklärt ist allerdings: Wer darf unterrichten? Es gibt keine muslimische Institution, die mit den christlichen Kirchen vergleichbar wäre.

Genauso unklar: Was soll unterrichtet werden? Diese Frage kann das Kultusministerium in Nordrhein-Westfalen nicht einfach delegieren, wie dies etwa in Berlin, Bremen oder Brandenburg möglich wäre. Dort lehren die Religionsgemeinschaften mit eigenem Personal an den Schulen, da die Glaubensfächer nur Zusatzangebot sind. Bayern wiederum hat sich entschieden, dass die Lehrer für islamische Unterweisung vom türkischen Konsulat abgeordnet werden.

In Nordrhein-Westfalen dagegen ist der Religionsunterricht staatlich, das Land legt das Curriculum fest. Doch noch fehlen die Ansprechpartner für die Bestimmung der Inhalte, wie NRW-Bildungsministerin Gabriele Behler (SPD) feststellen musste. So wurden der arabisch dominierte „Zentralrat der Muslime“ und der vorwiegend türkische „Islamrat“ vom Verwaltungsgericht Düsseldorf nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt. „Wir werden notfalls bis vors Verfassungsgericht gehen“, erklärte Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats, dem auch die islamistische Gemeinschaft Milli Görüs angehört, die vom Verfassungsschutz überwacht wird.

Ministerin Behler will nun alle Vereine an einen runden Tisch bringen – neben Zentral- und Islamrat auch den „Verband islamischer Kulturzentren“, die „Föderation der Alevitengemeinden“ – und „DiTib“. Dieser größte Dachverband mit 750 Vereinen untersteht der Regierung in Ankara. Bisher musste jedoch jedes Treffen des runden Tisches abgesagt werden, weil nicht alle Organisationen erschienen. Die Ministerin solle einen definitiven Termin festlegen, meint Hyrettin Aydien vom Zentrum für Türkeistudien in Essen: Wer dann nicht käme, können eben nicht mitwirken. Einen anderen Vorschlag hat der Düsseldorfer Islamwissenschaftler Michael Kiefer: „Man könnte nach belgischem Vorbild eine Art Synode von den Muslimen in Nordrhein-Westfalen wählen lassen.“ Der Vorteil: Es könnten auch Muslime mitstimmen, die in keinem Verband organisiert sind.

„Das Ministerium setzt weiter auf den runden Tisch“, sagte Pressesprecherin Christiane Vielhaber der taz. Zentralrat und Islamrat beteuern ihre Bereitschaft. Aber: „Das Ministerium hat uns bisher immer vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisiert Kizilkaya. „Wir möchten auch gerne bei der Besetzung des Lehrstuhls für Islamische Theologie gefragt werden“, fordert Nadeem Elyas, Vorsitzender des Zentralrats. Doch der Lehrstuhl wird von der Uni Münster besetzt, die de jure die Verbände bei der Berufung nicht einbeziehen muss. ISABELLE SIEMES

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