So ein Chauvi

■ 16 Damen und Herren Frauen- und Gleichstellungsminister und Staatssekretäre aus den Bundesländern konferieren bis heute in Bremen. In der taz steht, was die Männer dabei zu melden hatten

Der heimliche Star des Tages war natürlich leider Gregor Gysi (PDS). Der Frauenverführer poste vor dem Rathaus mit Anhängerinnen, und auch drinnen jagten dem Berliner Frauensenator, der nebenher auch noch für Wirtschaft und Arbeit zuständig ist, die Kameras hinterher – und nicht so sehr den Ministerinnen und Staatssekretärinnen aus den anderen 15 Bundesländern. So ein Chauvi!

Happy war der Politschelm sowieso: Konnte er durch die 12. Konferenz der Landes-Gleichstellungs- und FrauenministerInnen in Bremen doch dem Trubel um den Besuch des US-Präsidenten in Berlin entgehen. Wenn sein Regierender Klaus Wowereit nicht seine Australienreise aufgeschoben hätte, hätte der Sozialist Gysi den Erz-Kapitalisten George Dubbelju Bush empfangen müssen. „Staatsempfänge kenne ich schon sehr gut aus DDR-Zeiten“, meinte ein vergnügt Butterkuchen mampfender Senator. Und: „Also unglücklich bin ich wirklich nicht, jetzt in Bremen zu sein.“

Der 1,60-Meter-Mann kann ganz auch artig sein: Vor allem sei er an die Weser gekommen, um „sich bei den Akteurinnen Akzeptanz in der Frauenpolitik zu erarbeiten“, betonte Gysi brav. Dafür wußte der Ex-PDS-Fraktionschef auch aus dem Effeff, was Gender Mainstreaming ist: „Im Kern geht es darum, bei allen Entscheidungen in Politik und Verwaltung zu überprüfen, ob sie geeignet sind, die Gleichstellung zu befördern.“

Deutlich besser als Bürgermeister Henning Scherf (SPD), der bei der Begrüßung der fast 100 Konferenzteilnehmer betonte, auch er, „ein Dilletant“, müsse noch am Abend über das Gender Mainstreaming referieren. Scherf, eher gequält: „Ich werde das tun, so gut ich kann.“

Um der Veranstaltung aber halbwegs gerecht zu werden, muss man sagen, dass die Frauen und ihre Themen in Bremen durchaus in der Mehrheit waren. Zunächst stehen in den Ländern drei Herren Frauenminister 13 Damen gegenüber. Ungerechterweise ist da aber auch der „Urvater“ der Frauenministerkonferenz dabei, der Brandenburger Alwien Ziel (SPD). Der meinte: „Ich habe als Staatssekretär für meine Ministerin Regine Hildebrandt erstmals umgesetzt und 1991 die erste Konfrenz dieser Art in Potsdam einberufen.“

Aber es gab sie doch: die Chefinnen. So Margot von Renesse, Vorsitzende der Enquete-Kommission des Bundestages „Recht und Ethik der modernenen Medizin“, die über den Stand der Präimplantations-Diagnostik referierte.

Und zum Glück gab es auch die frischgebackene Bremer Frauensenatorin Karin Röpke (SPD). Scherf hatte noch im Plenum extra in landesväterlichster Weise betont, dass die ehemalige Geschäftsführerin der Bremer SPD-Fraktion ja zum ersten Mal eine solche Mammut-Sitzung leite. „Das ist eine absolute Herausforderung für sie.“

Klang nach: Nehmt's ihr nicht übel, wenn was schief geht – und dürfte Röpke geärgert haben. Auf jeden Fall entgegnete die Novizin betont cool, Gysi oder der Sachsen-Anhaltiner Gerry Kley (FDP) seien ja auch erst seit kurzem im Amt. „Nö“, so Röpke, „ich bin nicht aufgeregt.“

Und so brachte die Bremer Delegation wohlgemut hinter verschlossenen Türen ihre Anträge ein. Großes Thema: Frauen und Gesundheit. Röpke, die in diesem Jahr den Vorsitz der Frauenministerinnen-Konferenz inne hat, will sich dafür stark machen, „dass es mehr objektive Informationen zum Thema Wechseljahre gibt.“ Das sei „ja keine Krankheit.“ Außerdem werden die Bremer Bundes-Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) auffordern, besser über Brustimplantate und Gewalt gegen Frauen zu informieren.

Ob das die SPD gegen die zur Übermacht angewachsenen CDU- und FDP-Minister jedoch durchdrücken kann, war gestern noch ungewiss. Immerhin gibt es aber eine „grüne Liste“ mit zwölf Punkten, die bereits „einvernehmlich“ geregelt wurden. Zum Beispiel: Frauen in der Bundeswehr sollen gefördert werden. Dafür ist auf jeden Fall Karin Röpke, ausgerechnet der friedensbewegte Gysi dürfte damit seine Probleme haben. Seine Berliner Delegation brachte nämlich einen Antrag gegen die Dienstpflicht von Frauen bei der Bundeswehr ein.

Heute sollen die Ergebnisse der Konferenz präsentiert werden. Und Röpke ist sicher: „Von der Konferenz erwarte ich Beschlüsse, die richtungsweisend sind“ – trotz der vielen Männer. Kai Schöneberg