: Mehr gemein als nützig
FDP hat Bauchschmerzen bei der Lex Airbus, ihr Fraktionschef erwartet trotzdem eigene Mehrheit für Koalition. Realisierungsgesellschaft weist Zweifel an Festigkeit des Baugrunds zurück. Mehr Vögel als befürchtet
Von GERNOT KNÖDLER
Die FDP windet sich. Zwar verursache das „Gesetz zum Erhalt und zur Stärkung des Luftfahrtindustriestandortes Hamburg“ seiner Partei „Bauchschmerzen“, sagt Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen. Trotzdem werde es die Koalition morgen mit einer eigenen Mehrheit verabschieden können. Mit der Landgewinnung im Mühlenberger Loch geht es nach Angaben der Realisierungsgesellschaft A380rea unterdessen besser voran als erwartet. Überdies hätten die Bauarbeiten weniger Enten vertrieben als befürchtet.
Die Sitzung des FDP-Landesvorstandes, die gestern Abend aufgrund der Sorge einiger Mitglieder einberufen worden war, die Partei könnte zu deutlich gegen die Werkserweiterung Front machen, war aus Müller-Sönksens Sicht unnötig. Eine ausreichende Zahl von „Ja“-Stimmen sei sicher. Ebenso unnötig ist für ihn das Lex Airbus: „Die Gemeinnützigkeit der Werkserweiterung könnte durch EADS deutlicher dargestellt werden“, findet er – etwa durch eine qualifizierte Standortgarantie.
Die FDP versucht einen Spagat: Die Erhaltung des Luftfahrtindustriestandortes sei eindeutig im Interesse Hamburgs, argumentiert sie – die Vorbereitung der Werkserweiterung durch Rot-Grün jedoch schlampig: So sei ökologischer Ausgleich nicht sorgfältig genug geplant worden. Und den Anwohnern hätte sofort reiner Wein über die erforderliche Verlängerung der Werkspiste eingeschenkt werden müssen.
Der damalige Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) hätte als Gegenleistung für die Infrastrukturinvestitionen der Stadt „belastbare Rahmenverträge“ mit Airbus schließen müssen, so Müller-Sönksen. Leider habe auch die damals in der Opposition befindliche CDU nicht genug dafür getan, die Kosten und den Nutzen des Projekts zu durchleuchten. Er vertraue jetzt darauf, dass der CDU-Wirtschaftssenator Gunnar Uldall nicht mehr im Übermaß einseitige Zugeständnisse mache.
Die Chancen, mit der Lex Airbus die beabsichtige Wirkung zu erzielen, hält der Fraktionschef für „eher gering“. In einem laufenden Verfahren ein neues Gesetz zu erlassen, sei bedenklich und entspreche nicht „den hanseatischen Gepflogenheiten“. Trotz aller Einwände seien jedoch „alle rechtsstaatlich zulässigen Wege zur Absicherung des Projekts zu beschreiten“.
Vogelzählungen im Mühlenberger Loch sind unterdessen zu einem überraschend positiven Ergebnis gekommen. Wie der Ornithologe Alexander Mitschke bestätigte, haben insbesondere sehr viele Krickenten trotz der Bauarbeiten im Rest des Mühlenberger Lochs gerastet. Mitte April zählte er mehr als 2300 Vögel – so viele wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Zahl der Löffelenten halbierte sich zwar, sie lag jedoch noch immer über dem Mindestwert, der ein Feuchtgebiet im Sinne der Ramsar-Konvention bedeutend macht.
Mitschke warnte allerdings davor, diese Ergebnisse überzubewerten. Die Bestände schwankten von Jahr zu Jahr. Wirklich aussagekräftig seien nur die Zahlen im Herbst, weil dann mehr Vögel auf ihrem Zug im Mühlenberger Loch Halt machen wollten. Dann werde sich zeigen, ob die verbliebene Rastzone ausreiche. Ausweichflächen seien nicht verfügbar. Mitschke: „Nach dem jetzigen Stand sind die Vögel auf Gedeih und Verderb auf das Mühlenberger Loch angewiesen.“
Die Realisierungsgesellschaft A380rea wies überdies darauf hin, dass es bei dessen Zuschüttung entgegen anders lautenden Befürchtungen bisher „keine nennenswerten Schlickaufbrüche oder -verdrängungen“ gegeben habe. Vom Spiegel angeführte Zweifel des Bauunternehmers Werner Möbius bezögen sich nicht auf den Baugrund sondern „unbestimmt“ auf die Pfahlgründung der ersten Sektionsbauhalle. Beim Gießen der Betonpfähle waren Aussackungen entstanden, die zu einem unterschiedlich weiten Einsinken der Stützen in den Grund führen können.
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