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Für Kriminelle und Geldwäscher ist der Kongo ideal

UN-Untersuchungen sehen Verbindung zwischen dem Rohstoffhandel im Kongo und dem organisierten Verbrechen bis hin zu al-Qaida

BERLIN taz ■ Die bürgerkriegsgeschüttelte Demokratische Republik Kongo wird zum Tummelplatz für das internationale organisierte Verbrechen. Dies schreibt die UN-Kommission zur Untersuchung der illegalen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Kongo in ihrem dritten Interimsbericht, der Ende letzter Woche vorgelegt wurde. Ihre Hinweise decken sich mit denen der UN-Kommission zur Überwachung der internationalen Wirtschaftssanktionen gegen al-Qaida, die ihren neuesten Bericht zeitgleich präsentierte.

„Es gibt Hinweise, dass in die Region der (afrikanischen) Großen Seen kriminelle Netzwerke und Aktivitäten aus anderen afrikanischen Ländern und Regionen außerhalb Afrikas importiert werden“, schreibt die Kommission. Außerafrikanische Verbrechersyndikate nützten den illegalen Handel mit Kongos Reichtümern zur Geldwäsche. Ein „organisiertes Netzwerk“ betreibe „den Transport gewisser Waren aus dem Kongo hinaus und den Import von Waffen“.

Die Kongo-Kommission untersuche außerdem Verbindungen zwischen dem Schmuggel kongolesischer Rohstoffe und „gewissen Organisationen“, die „für ihre Geschäfte offenbar seltene Mineralien statt Devisen nutzen“, heißt es. Die Al-Qaida-Kommission schreibt parallel dazu, al-Qaida und ähnliche Gruppen stellten ihre Finanzierung auf Gold und Edelsteine um, um der schärferen Überwachung des internationalen Bankensystems zu entgehen. Es gebe einen „florierenden und unregulierten Handel mit Gold und Diamanten“ in den arabischen Golfstaaten sowie Südostasien, gespeist aus afrikanischen Bürgerkriegsgebieten.

Als eine Schlüsselfigur gilt der Russe Victor Bout, der früheren UN-Untersuchungen zufolge osteuropäische Waffen nach Afrika gegen Rohstoffe verkauft. Der mit UN-Sanktionen belegte Bout lebt in Russland und hat nach britischen Angaben auch al-Qaida mit Waffen beliefert. Sein kenianischer Geschäftspartner Sanjivan Ruprah wurde im Februar in Brüssel festgenommen.

Der Kampf gegen illegale Geschäfte im Kongo gilt aus UN-Sicht als Experimentierfeld für eine stärkere Regulierung des weltweiten Rohstoffschmuggels. In ihrem letzten Bericht vom November 2001 hatte die Kongo-Kommission ein befristetes Moratorium auf Exporte aus dem Kongo vorgeschlagen. Diesen Vorschlag erneuert sie jetzt nicht.

Stattdessen weist sie darauf hin, „wie die Beteiligten ihre Operationen und Taktiken weiterentwickeln, um ihre Aktivitäten zu verschleiern“. So werde die kongolesische Herkunft der exportierten Güter im internationalen Rohstoffhandel zunehmend verschwiegen. Wie das geht, zeigt die Entwicklung des Handels mit Coltan (Colombit-Tantalit), einem in der Mobilfunkindustrie stark nachgefragten Mineral. Dessen Export stellte Ende 2000 und Anfang 2001 die Haupteinnahmequelle der von Ruanda unterstützten Rebellenorganisation RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) im Osten des Kongo dar; sein Preis ist inzwischen in den Keller gerutscht. Die deutsche Bayer-Tochter HC Starck, Weltmarktführer in der Verarbeitung von Tantalit und zeitweise größter Endabnehmer von Kongos Coltan, dementierte nach der Veröffentlichung des neuesten UN-Berichts erneut, mit seinen Geschäften Kongos Krieg zu unterstützen. „Seit August 2001 kauft HC Starck kein Material aus Zentralafrika mehr“, erklärt die Firma. „Unsere Rohstoffversorgung basiert im Wesentlichen auf dem Einsatz von Sekundärrohstoffen aus Südostasien und auf langfristigen Verträgen mit Minengesellschaften in Australien und Amerika.“ Nur „geringere Anteile“ würden von Firmen erworben, deren Material „auch aus Zentralafrika“ stamme. Anders gesagt: Die Verbindungen zwischen Kriegsgebieten und Endabnehmern werden indirekter.

Unklar ist daher die Nachprüfbarkeit der Angabe von HC Starck, wonach ihre Zulieferer im Kongo nur „von unabhängigen Kleinmineuren, nicht aber von Rebellenorganisationen oder von diesen zwangsverpflichteten Schürfern“ kaufen. Außerdem heißt es: „Weiterhin haben uns unsere Partner versichert, dass weder sie selbst noch ihre Zulieferer Abgaben an Rebellenorganisationen leisten“. Da Kongos RCD-Rebellen diesen Landesteil regieren, erfüllt das den Tatbestand des Schmuggels.

DOMINIC JOHNSON

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