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Arafat reformiert sein Image

Palästinenserpräsident billigt Verfassungsentwurf und soll Sicherheitsdienste umbauen – mit US-Hilfe. Dies könnte den Weg zu einer aktiveren US-Rolle in der Region ebnen

JERUSALEM taz ■ Palästinenserpräsident Jassir Arafat, von Joschka Fischer und einer Serie weiterer ausländischer Besucher in seiner fortdauernden Relevanz bestätigt, hat auf internationalen und internen Druck hin einen Verfassungsentwurf des Autonomieparlaments unterschrieben und umfassende Reformen in Aussicht gestellt. Der Verfassungsentwurf war schon 1997 verabschiedet worden, aber Arafat hatte seine Unterschrift bisher mit dem Argument verweigert, Palästina sei noch kein unabhängiger Staat. Einen Monat nach der Ratifizierung tritt das Grundgesetz in Kraft. Es bildet die Basis für einen zukünftigen Staat Palästina, legt Direktwahl des Präsidenten, Gewaltenteilung und Bürgerrechte fest und schränkt die bisherige Machtfülle Arafats deutlich ein.

Die Reformankündigung kommt, während eine neue Runde intensiver Nahostdiplomatie einen Ausweg aus dem zunehmend blutigeren Konflikt zwischen Israelis und Palästinensernsucht. William Burns, stellvertretender US-Außenminister für Nahost, schlug den Palästinensern am Donnerstag einen dreispurigen Plan vor: Eine politische Lösung, ein Reformprogramm und eine Neuordnung palästinensischer Sicherheitsdienste. Auf Zwischenstation in Kairo hatte Burns ungewohnt scharfe Kritik an Israel geäußert. Er hatte gesagt, die Demütigung der palästinensischen Bevölkerung und deren humanitäre Lage verschlimmere sich durch die Besatzung täglich.

Am heutigen Samstag trifft auch CIA-Direktor George Tenet ein, der die Palästinenser bei der Umstrukturierung von derzeit zwölf Sicherheitsdiensten beraten will. Ziel ist eine kleinere Anzahl von Diensten unter vereintem Kommando und starker ziviler Kontrolle, um die Extremisten besser zu überwachen.

Die erwünschte Sicherheitsstruktur hatte die palästinensische Tageszeitung Al-Ayam diese Woche vorgestellt. Sie soll in „innere Sicherheit“ (ähnlich dem israelischen Schin Beth), „äußere Sicherheit“ (wie der Mossad), „nationale Sicherheit“ (diverse Polizeieinheiten) sowie die Präsidentengarde „Force 17“ aufgeteilt werden, die alle dem Nationalen Sicherheitsrat unterstehen sollen. Mohammed Dahlan, Chef der Präventiven Sicherheitsdienste in Gaza, der bei einem Washington-Besuch letzte Woche einen offenbar überzeugenden Eindruck hinterließ, ist als Leiter der neuen Sicherheitsstruktur im Gespräch.

Entscheidungen über mögliche Änderungen des bisherigen Kurses der US-Nahostpolitik werden indes erst erwartet, nachdem Ägyptens Präsident Mubarak am 7. Juni die USA besucht. George Bush steht unter Druck seiner europäischen Alliierten und moderater arabischer Staaten, einen klaren Rahmen-und Zeitplan für eine Zwei-Staaten-Lösung vorzulegen, der jedoch bei Nichteinhaltung eine Prestigeminderung Bushs bedeuten würde. Dagegen steht die bisher bevorzugte Möglichkeit eines fortgesetzten low profile, das sich auf Krisenmanagement beschränkt.

Aus Washington hieß es bereits, die für Juli geplante Konferenz könne auch auf September verschoben werden. Vor Ort hingegen drängt die Zeit. Die israelische Armee dringt täglich in autonome Städte im Westjordanland ein, während Attentate in Israel sich wieder häufen. Seit vier Tagen gilt in Jerusalem höchste Alarmstufe mit unzähligen Straßensperren und Polizeipatrouillen. Überdies präsentierte die Friedensbewegung „Peace Now“ Dokumente, nach denen seit Februar letzten Jahres 34 neue Siedlungskeimzellen errichtet wurden und das Bauministerium die Errichtung von 957 weiteren Wohneinheiten in israelischen Siedlungen im Westjordanland ausschrieb. ANNE PONGER

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