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Eine neue Hungerregion

Den Ländern des südlichen Afrika droht Hungersnot. Der Grund dafür ist ein Bündel politischer, wirtschaftlicher und klimatischer Faktoren

„In Malawi und Mosambik schlagen sich Jahre sozialen Stresses nieder“

aus Johannesburg MARTINA SCHWIKOWSKI

Die gute Nachricht: Es gibt noch Hoffnung. Die im südlichen Afrika drohende Hungerkatastrophe kann verhindert werden, wenn Geldgeber jetzt Hilfe anbieten und große Maislieferungen in die betroffenen Länder geschickt werden. Ein logistischer Plan des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) liegt auf dem Tisch. Vier Millionen Tonnen Nahrungsmittel müssen in den nächsten vier Monaten über alle verfügbaren Häfen von Daressalam in Tansania im Osten bis Walvis Bay in Namibia im Westen auf Schienen und Straßen verfrachtet und in die Verteilungszentren in den südlichen Ländern rollen.

Doch derzeit überwiegen die vielen schlechten Nachrichten. In Simbabwe, Malawi, Sambia, Mosambik, Lesotho und Swasiland hungern nach Schätzungen der UN-Organisation 7,5 Millionen Menschen. Im September wird bereits mit einem Anstieg auf 11 Millionen und bis zur nächsten Ernte im März 2003 mit 12,8 Millionen vom Hungertod bedrohten Menschen gerechnet, falls keine Nahrungslieferungen helfen. Die Krise, die sich in den jeweiligen Ländern durch eine Kombination aus klimatischen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren zu einer regionalen Katastrophe ausweitet, wird durch die HIV-/Aidsepidemie verstärkt. Kranke und Geschwächte können nicht zur Versorgung beitragen und sterben eher. „Prostitution zur Beschaffung von Nahrung ist ein großes Problem, und damit steigt die Ansteckungsgefahr“, sagt Nick Haan, Berater für das Ernährungsprogramm in der südlichen Region.

Malawi, Sambia und Simbabwe sind zurzeit am stärksten vom Hunger betroffen. In Malawi fiel die Getreideproduktion um 10 Prozent niedriger aus als die bereits schlechte Ernte des letzten Jahres. Die Preise stiegen um 400 Prozent. Die Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren liegt bei 59 Prozent. Schulkinder sind zu geschwächt, um am Unterricht teilzunehmen. Aus Verzweiflung essen Menschen unreifen Mais und tauchen in Flüssen ungeachtet der Krokodile nach essbaren Pflanzen, berichten Mitarbeiter des Ernährungsprogramms. Lagerreserven waren als Spekulationsobjekte durch einflussreiche Politiker und Geschäftsleute verkauft worden. 3,2 Millionen Menschen werden am Jahresende auf Nahrungshilfe angewiesen sein.

In Sambia liegen die entsprechenden Zahlen bei 2,3 Millionen. Die Maisproduktion ist dramatisch gesunken. Dürre ist hier stärker ausschlaggebend für die Krise als in den Nachbarländern. Die Kupferminenindustrie wird durch den Mangel an arbeitsfähigen Menschen beeinträchtigt, und die Nahrungsmittelverteilung wird äußerst schwierig, da viele Dörfer sehr abgelegen sind.

In Simbabwe ist die kommerzielle Landwirtschaft wegen der politischen Gewalt und der verfehlten Landreform der Regierung zusammengebrochen. 6 Millionen Menschen werden hier im nächsten Jahr voraussichtlich hungern. Es gibt weder Reserven noch Devisen, um Nahrung einzukaufen. „Politische Verhandlungen mit der Mugabe-Regierungen sind äußerst problematisch“, sagt Judith Lewis, WFP-Regionaldirektorin. „Aber wir haben klar gemacht, dass Lieferungen nicht durch die Regierung verteilt werden können.“ Das Land benötigt 60 Prozent aller regionalen Hilfslieferungen an Getreide. Aber auch in vielen der anderen Länder gebe es keine langfristige Planung zur Ernährung der Bevölkerung.

In Mosambik leben 70 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut. Die schweren Überschwemmungen der Jahre 2000 und 2001 und eine folgende Dürre haben 515.000 Menschen in Not gebracht. Ironischerweise können sie nicht von der steigenden Maisproduktion im Norden profitieren, da der Transport in den Süden als unprofitabel gilt. „Besonders in Malawi und Mosambik schlagen sich Jahre absoluten sozialen Stresses nieder“, sagt Haan. In Lesotho trägt Arbeitslosigkeit zur Krise bei, denn das Land ist vollständig von Südafrikas Minenindustrie abhängig. Fast 450.000 Menschen sind von Hunger bedroht. 160.000 Basothos, die in Südafrikas Minen arbeitete, waren in ihre Heimat zurückgeschickt worden. Auch in Swasiland macht höhere Arbeitslosigkeit Menschen ärmer, es wird zweimal mehr Getreide benötigt als im Vorjahr. Nach Schätzungen sind etwa 230.000 Menschen in Not. Südafrika muss mit einer erhöhten Zahl von Hungerflüchtlingen rechnen. Das Land liefert wie auch Tansania Mais an die Nachbarn.

Im April hatte WFP erstmals auf die Situation aufmerksam gemacht und 69 Millionen Dollar Hilfe gefordert. Bisher hilft WFP 4,6 Millionen Menschen bei einer finanziellen Unterstützung von 46 Prozent. „Geldgeber haben auf der regionalen Konferenz der Vereinten Nationen letzte Woche in Johannesburg gefordert, dass die Staaten der Region stärker involviert werden“, sagt Lewis. „Wir werden eine Art Komitee bilden zur Unterstützung der UN-Aktionen. Dabei sollen die Länder der Region so viel Verantwortung wie möglich übernehmen.“ Auf der Konferenz wurde die stärkere Zusammenarbeit aller beteiligten Organisationen und Regierungen beschlossen. Ein Regionalplan soll im Juli vorliegen.

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