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Schlechte Noten für die deutsche Schule

Die Mehrheit der Bevölkerung ist mit dem Unterricht in Deutschland unzufrieden, gleichzeitig lehnt sie strukturelle Reformen aber ab. Nur die Ganztagsschule hat viele Fans. Die GEW startete gestern die Kampagne „Rettet die Bildung“

BERLIN taz ■ Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat gestern mit einer bundesweiten Großdemonstration in Berlin eine Kampagne gestartet, mit der sie grundlegende Reformen im Bildungswesen durchsetzen will. Dazu scheint aber nicht nur politischer Druck, sondern auch jede Menge Aufklärung nötig zu sein. Denn obwohl mehr als 80 Prozent der Bevölkerung die Schulen lediglich mit „befriedigend“ oder schlechter benoten, gibt es für strukturelle Reformen keine Mehrheit. Die einzige Ausnahme: die Ganztagsschule, für deren verstärkte Einführung mittlerweile mehr als jeder zweite Bundesbürger ist. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die GEW gestern vorstellte.

Befragt wurden im Frühjahr, zwei Monate nach Bekanntgabe der Pisa-Ergebnisse, 2.916 Bundesbürger über 18 Jahre sowie 1.432 Eltern mit mindestens einem Kind. „Der Wunsch nach mehr Leistung in der Schule ohne Reform“, so fasste Hans-Günter Rolff, Professor am Dortmunder Institut für Schulentwicklungforschung, die Ergebnisse seiner Untersuchung zusammen. Sein Urteil: „Das ist ein Trend zum Konservativen.“

42 Prozent der Befragten halten die Anforderungen, die an deutsche Schüler gestellt werden, für zu gering. Vor zwei Jahren waren es nur 25 Prozent. Allerdings fordern die Befragten auch mehr Erziehung in der Schule. Drei Viertel sind der Ansicht, dass die Bildungseinrichungen auch soziale Kompetenz und Teamfähigkeit, Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen vermitteln sollen.

Auf wenig Gegenliebe stoßen strukturelle Veränderungen, wie sie Experten nach der Veröffentlichung der Pisa-Studie diskutieren. Mehr integrierte Schulsysteme, längeres Lernen aller Kinder zusammen und weniger Druckmittel wie das Sitzenbleiben sind nicht besonders populär. Nur zwei Fünftel der Befragten meinen, dass man Kinder nach der Grundschulzeit nicht in verschiedene Schultypen einteilen sollte. Ein Drittel lehnt das klar ab. Gegen die sechsjährige Grundschule, die es in Berlin und Brandenburg gibt, ist sogar die Hälfte der Bevölkerung. Die GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange führte dies darauf zurück, dass die Befragten einfach keine anderen Schulformen kennen würden.

Unter dem Motto „Rettet die Bildung“ will die GEW in den kommenden Monaten Druck für mehr Qualität im Bildungswesen und bessere Arbeitsbedingungen in den Schulen machen. Anlass für die Demonstration am gestrigen Abend war die Ministerpräsidentenkonferenz, die heute in der Hauptstadt tagt. Stange appellierte an die Landesfürsten, mehr Geld in Bildung zu investieren und sie zur Chefsache zu machen. Mindestens 20 Milliarden Euro müssten zusätzlich in diesen Sektor fließen. Heute will auch der Bundeskanzler eine Regierungserklärung zum Thema Bildung abgeben.

SABINE AM ORDE

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