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„Dirty Bomber“ löst Rechtsstreit aus

Bushs Militärgerichte geraten in die Kritik. Denn nun sollen sie über den US-Bürger Padilla richten. Damit verliert dieser seine verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechte. Seine Anwältin legt dagegen Beschwerde bei einem Bundesgericht ein

aus Washington MICHAEL STRECK

Der US-Bürger José Padilla wurde auf dem Flughafen von Chicago verhaftet. CIA und FBI vermuten, dass er einen Terroranschlag mit einer „schmutzigen Bombe“ vorbereitet hat. Die Beweise sind dürftig. Das Verteidigungsministerium erklärt ihn zu einem „feindlichen Kämpfer“ und interniert ihn auf einer Marinebasis. Jeglicher Kontakt zur Außenwelt ist untersagt. Ein Militärtribunal soll über ihn richten.

Als US-Präsident George W. Bush vergangenen Herbst Militärtribunale autorisierte, um mutmaßliche Terroristen vor Gericht zu stellen, betonte er, dass diese Sondergerichte nicht bei US-Bürgern angewandt würden. Doch jetzt beruft sich das Justizministerium plötzlich auf eine Entscheidung des Obersten Gerichts der USA von 1942, wonach „das Militär US-Bürger internieren darf, die den Feind unterstützen und das Land betreten, um feindliche Aktionen durchzuführen“.

Die Verhaftung des „Dirty Bomber“ wirft Fragen über den rechtlichen Umgang mit mutmaßlichen Terroristen auf, die den Krieg gegen den Terror der Bush-Regierung unterminieren könnten. Eine zentrale Frage: Wer definiert,wann jemand ein „feindlicher Kämpfer“ ist und ihm damit die verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechte aberkannt werden?

„Der Präsident beansprucht für sich die Macht, im eigenen Land Leute zu internieren und sie außerhalb des juristischen Verfahrens zu behandeln“, sagt Rechtsexperte Robert Levy vom Cato-Institute in Washington. Doch Regierung und Unterstützer dieser harten Haltung argumentieren, dass sich die USA im Krieg mit skrupellosen Terroristen befände. Nur strenge Maßnahmen seien geeignet, weitere Angriffe zu verhindern.

Die Anwältin von Padilla sieht das anders. Auch die Regierung müsse sich an die Verfassung halten. Daher hat sie bei einem Bundesgericht Beschwerde eingelegt gegen die unbegrenzte Haft und die Weigerung, ihren Mandanten besuchen zu dürfen. Damit hat sie einen scharfen Rechtsstreit darüber vom Zaun gebrochen, ob die Regierung einen Verdächtigen an Hand zweifelhafter und ungenügender Beweise als „feindlichen Kämpfer“ betiteln kann. Wenige Rechte in den USA sind absolut. Das Recht auf einen Anwalt gehört dazu und wird von einem Verfassungszusatz garantiert.

In der Logik der Bush-Regierung ist ihr Vorgehen jedoch nur konsequent. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte unverblümt zugegeben, dass die Regierung keine Interesse an einer Anklage von Padilla habe. Oberste Priorität sei es, so viele Informationen wie möglich von ihm zu erhalten.

Dieses Vorgehen entspricht jedoch einer anderen Rechtsprechungspraxis in den USA. Tatverdächtige, die man in Deutschland mangels Beweisen wieder auf freien Fuß setzt, können in den USA längere Zeit festgehalten werden. Was für gewöhnliche Kriminelle gelte, müsse bei Terroristen erst recht angewendet werden, lautet das Argument der Strafverfolger.

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