: Steckt Holzmann mit im Schmiergeschäft?
Die Kölner Gerüchteküche brodelt: Der Frankfurter Baukonzern war an diversen Großprojekten auffällig beteiligt
KÖLN taz ■ Gerät nun auch die angeschlagene Philipp Holzmann AG in den Kölner Korruptionsskandal? Darüber wird zurzeit im Kölner Rathaus heftig spekuliert. Denn der Frankfurter Konzern war maßgeblich am Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage (MVA) und anderer Großprojekte in der Domstadt beteiligt.
Zum einen gehörte Holzmann früher ein Großteil des Generalunternehmers der MVA, dem Gummersbacher Anlagenbauer L&C Steinmüller, der bei Auftragsvergabe und dem Bau Schmiergelder in Höhe von 21,6 Millionen Mark gezahlt haben soll. Zum anderen war Holzmanns Kölner Niederlassung für die bautechnische Genehmigungsplanung verantwortlich.
Auch auf der „Dankeschön“-Spenderliste des Kölner Ex-SPD-Fraktionschefs Norbert Rüther ist Holzmann dabei: 50.000 Mark soll der damalige Leiter der Kölner Niederlassung, Manfred Rohler, 1998 an ihn gezahlt haben. Rohler will allerdings „nie mit Herrn Rüther zu tun“ gehabt haben und könne „das auch für meine früheren Kollegen ausschließen“.
Fuhr Holzmann auch mit im großen Korruptionskarussell? Im Kölner Rathaus gerät bei dieser Frage ein weiteres Großprojekt, an dem der Konzern beteiligt war, wieder ins Blickfeld: die Megahalle „KölnArena“, die im teuren Doppelpack mit dem Verwaltungsrathaus gebaut wurde. Bis heute halten sich die Gerüchte, dieser Bau könnte ebenfalls „wie geschmiert“ gelaufen sein. „Warum sollen bei dem einen Großprojekt drei Prozent Schmiergeld geflossen sein, bei dem anderen aber nicht?“, fragt ein Ratsmitglied. Zudem sei doch bemerkenswert, wie reibungslos der damalige Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier in einen hoch bezahlten Job beim Esch-Immobilienfonds umsattelte – jenem illustren privaten Investorenclub, der die KölnArena erbaute.
Im Zusammenhang mit Untreue-Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen frühere Holzmann-Vorstandsmitglieder sowie ihre Geschäftspartner durchsuchten bereits im Januar 2000 BKA-Beamte das Privathaus Ruschmeiers wegen des „Anfangsverdachts der Vorteilsnahme“. Der Sozialdemokrat war Anfang der 90er-Jahre auch Aufsichtsratsvorsitzender der halbstädtischen Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG): der Bauherrin des Kölner Müllofens.
Nach Angaben von Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt gibt es allerdings bisher keine Hinweise auf eine Verwicklung des Holzmann-Konzerns und Ruschmeiers in den Kölner Müllskandal. „Das ist reine Spekulation“, so Appenrodt zur taz.
Eine der Schlüsselfiguren des Skandals ist der Ex-AVG-Geschäftsführer und Ruschmeier-Intimus Ulrich Eisermann. Zusammen mit dem Ex-Steinmüller-Manager Sigfrid Michelfelder kam er im Februar in Untersuchungshaft. Ihre Aussagen sollen zur Festnahme des Viersener Müllmoguls Hellmut Trienekens und der Ex-SPD-Politiker Karl Wienand und Norbert Rüther vergangene Woche geführt haben. Ihnen wird Beihilfe zu Bestechlichkeit und Bestechung sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen. Eisermann selber soll 9,5 Millionen Mark von Steinmüller bekommen haben.
War das Geld tatsächlich nur für den Exsozialdemokraten bestimmt? Sechs Millionen Mark befinden sich nach Eisermanns Aussage auf einer Bank im Ausland, zwei Millionen sollen an Rüther gegangen sein. Der bestreitet das jedoch vehement. Dafür taucht Eisermann auf Rüthers Spenderliste auf: Er soll die „Dankeschön“-Spenden von Steinmüller an die SPD vermittelt haben – und auch die von Trienekens und Rohler.
1998 übernahm die Deutsche Babcock AG, die auch am Kölner MVA-Bau beteiligt war, für 350 Millionen Mark den Holzmann-Anteil an Steinmüller. Der mutmaßliche Schmiergeldverteiler Sigfrid Michelfelder wurde Generalbevollmächtigter des Oberhausener Konzerns und Vorsitzender der Geschäftsführung der Babcock Borsig Power GmbH. Letzteres war er bis Montag. Ohne den Namen ihres belasteten Mitarbeiters zu erwähnen, teilte das Unternehmen mit, nun einen neuen Vorsitzenden ernannt zu haben. Während Michelfelder – ebenso wie Trienekens, Wienand und Rüther – immer noch in U-Haft sitzt, ist Eisermann seit gestern wieder frei: gegen eine Kaution von über einer halben Million Euro.
PASCAL BEUCKER
FRANK ÜBERALL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen