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Bluff bei Bilanzen

Erstmals DAX-Wert MLP unter Verdacht der Zahlentricks. Manipulationen kommen in Mode – nicht nur in den USA

HAMBURG taz ■ Immer öfter fliegen Tricks und Täuschungen in den Bilanzen von US-Konzernen auf. Innerhalb von einer Woche traten die Konzernbosse von zwei großen Energiehändlern (Dynegy und CMS Energy) wegen Bilanzfälschung zurück. Erstmals wird nun mit MLP auch ein großes Unternehmen aus dem Deutschen Aktienindex (DAX) beschuldigt, seine Geschäftszahlen geschönt zu haben. Bei der Hauptversammlung des Heidelberger Finanzdienstleisters Ende Mai wurde Aktionärsvertretern das Rede- und Fragerecht entzogen, ein bisher einmaliger Vorgang bei einem DAX-Wert. Der Kurs der MLP-Aktie sank daraufhin um mehr als 20 Prozent.

MLP wird beschuldigt, einen großen Teil seiner Gewinne jahrelang durch zweifelhafte Bilanzmethoden erzielt zu haben. Das Anlegermagazin Börse Online berichtet, MLP habe seine Gewinne über Darlehen von Rückversicherungsunternehmen künstlich aufgebläht. „Einnahmen“ durch Kredite wurden quasi als aktuelle Gewinne verbucht. Der MLP-Vorstand wies alle Vorwürfe zurück. „Wir peppen unsere Gewinne nicht auf“, beteuert Vorstandsvorsitzender Bernhard Termühlen. Der MLP-Chef deutet den Verdacht einer bewussten Kursmanipulation durch Dritte an. Dagegen fordert die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) eine Sonderprüfung der Bilanzen. MLP solle die „Kommunikation deutlich verbessern“ und die Einzelabschlüsse der Töchterunternehmen endlich veröffentlichen. Der veröffentlichte Konzernabschluss sei „sehr intransparent“, sagt ein SdK-Sprecher.

Den bislang größten Bilanz-Skandal hat der weltgrößte Energiehändler Enron verursacht. Der amerikanische Börsenriese musste trotz toller Bilanzzahlen und begeisterter Analystenberichte plötzlich im Dezember Konkurs anmelden. Seither häufen sich in den USA die Vorwürfe und Geständnisse. Immer mehr US-Konzerne gestehen jahrelange systematische Manipulationen der Bilanzen ein. Unter den Angeklagten befinden sich große Namen wie der Handelsriese Kmart, Computer Association und Network. Auch dem Modehaus Boss werden Bilanztricks in den USA vorgeworfen.

In Deutschland sind noch viele weitere milliardenschwere Fälle zu erwarten. Im Börsenboom der 90er-Jahre mussten auch hiesige Konzerne ständig bessere und noch bessere Zahlen veröffentlichen. Fachleute halten die Bilanztricks von MLP durchaus für branchenüblich. Abhilfe ist nicht in Sicht, denn bisher zeigen sich die Wirtschaftsprüfer von cleveren Manipulationen ebenso überfordert wie Analysten und Börsenaufsicht. HERMANNUS PFEIFFER

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