: Akte Achidi J. ist zu
Ermittlungen wegen des tödlichen Brechmitteleinsatzes gegen 19-Jährigen aus Kamerun werden offiziell eingestellt. Beteiligte PolizistInnen und ÄrztInnen kommen ungestraft davon
von PETER AHRENS
Die Staatsanwaltschaft hat den Aktendeckel geschlossen: Die Ermittlungen zu dem Brechmitteleinsatz, bei dem am 12. Dezember des Vorjahres der 19-jährige Kameruner Achidi J. ums Leben kam, sind seit gestern offiziell abgeschlossen. Die PolizistInnen und ÄrztInnen, die an dem Einsatz gegen Achidi J. beteiligt waren, müssen nicht mehr fürchten, strafrechtlich belangt zu werden.
Ein Gutachten der Rechtsmedizin von der Berliner Freien Universität zur Todesursache Achidis war monatelang unter Verschluss gehalten worden. Die Behörde spricht nun von einem Hirntod, dem ein Kreislaufzusammenbruch voraus gegangen sei. Dieser sei „auf eine vorbestehende schwere Herzerkrankung des Achidi J. zurückzuführen“. Die Herzkrankheit sei zudem „angesichts des Alters und des physischen Erscheinungsbildes von J. nicht zu erwarten“ gewesen, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Rüdiger Bagger. Auch eine ausgedehntere Voruntersuchung des Herzens hätte die Krankheit „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht diagnostizieren können. Zeugen berichteten, dass Achidi J. kurz vor seinem Tod noch ausgerufen hatte: „I will die!“
Der Vorwurf der Körperverletzung und unterlassenen Hilfeleistung gegen die Ärzte am Rechtsmedizinischen Institut des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) richtete sich unter anderem dagegen, dass bei dem Einsatz kein Anästhesist anwesend war. Zudem soll minutenlang niemand eingegriffen haben, als der 19-Jährige plötzlich zusammenbrach. Jetzt wird von den Ermittlungsbehörden ganz offiziell davon gesprochen, dass „der Eintritt des Todes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch dann nicht vermieden oder zumindest wesentlich verzögert worden wäre, wenn ein Anästhesist zum Zeitpunkt des Kreislaufzusammenbruchs zugegen gewesen wäre“, wie Bagger formuliert.
Das Fazit der Staatsanwaltschaft: „Ein strafrechtlich relevantes Verhalten der an dem Einsatz beteiligten Personen ist zu verneinen.“
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