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„Ich scheiße aufs Zertifikat“

Simbabwes Jugendliche halten wenig von Plänen, sie zum „nationalen Dienst“in der Miliz der Regierungspartei zu verpflichten. Viele würden lieber auswandern

HARARE taz ■ Eine Massenflucht junger Männer aus Simbabwe ist zu befürchten, nachdem die Regierung von Präsident Robert Mugabe diese Woche einen Zwangsdienst für Jugendliche in den Milizen der Regierungspartei Zanu/PF angekündigt hat. Bildungsminister Samuel Mumbengegwi sagte, alle Studenten müssten sechs Monate lang dienen, um ihren Abschluss zu erhalten.

„Der nationale Dienst wird obligatorisch für alle Jugendlichen sein“, sagte der Minister. „Als Teil des Programms ist vorgesehen, dass Jugendliche mit Hochschulreife nur dann immatrikuliert werden, wenn sie den nationalen Dienst leisten.“ Die Regierung hat bereits mehrere Jugendtrainingszentren gegründet, deren Absolventen Priorität bei der Vergabe von Studienplätzen erhalten. Manche Lehrerausbildungsstätten bevorzugen bereits Milizionäre bei der Aufnahme.

Nach Angaben von Bürgerrechtsgruppen waren die Absolventen der Jugendtrainingszentren für einen großen Teil der politischen Gewalt in Simbabwe vor den umstrittenen Wahlen vom März verantwortlich. Tausende von Jugendlichen wurden damals nach einer dreimonatigen militärischen Grundausbildung in den Wahlkampf für die Regierungspartei geschickt. Sie errichteten Straßensperren und erlaubten die Weiterfahrt nur, wenn man Zanu-Mitgliedskarten vorzeigen und Parteiparolen rezitieren konnte. Sie folterten, vergewaltigten und töteten Anhänger der Opposition und operierten aus Zanu-PF-Büros und Polizeiwachen heraus. Die Behörden behaupteten dazu, die Jugendlichen hätten lediglich Grundkenntnisse der Geschichte des Befreiungskrieges sowie im militärischen Drill erhalten.

Die Dienstpflicht soll laut Mumbengegwi „nicht nur Nationalismus und nationales Bewusstsein fördern, sondern auch die Auswanderung stoppen. Wir können nicht Menschen ausbilden, die der Entwicklung der Nation nicht verpflichtet sind. Der nationale Jugenddienst ist eine Initiative der Regierung, um unsere Jugendlichen davon zu überzeugen, Simbabwes Probleme zu erkennen und ein Nationalgefühl zu erzeugen.“

Aber der Effekt könnte das Gegenteil sein. Bereits heute verlassen immer mehr junge Leute Simbabwe, um in England, Südafrika, den USA und anderen anglophonen Ländern in der ganzen Welt zu studieren. Etwa eine Million Simbabwer leben bereits in Südafrika.

Jugendliche bereiten sich bereits auf einen Boykott des Milizendienstes vor. „Ich scheiße auf mein Zertifikat“, sagt ein 19-Jähriger, der sich auf das Abitur vorbereitet und seinen Namen nicht nennen will. „Wenn ich meinen Abschluss habe, werde ich das Land verlassen.“ Philip Kudya, Vater eines 18-Jährigen, meint: „Die Regierung kann nicht jedes Jahr 300.000 Schulabgänger in politische Ausbildungslager zwingen. Simbabwer werden sich zu wehren wissen.“

Schon vor einem Monat verhinderte Protest der Menschen einen Plan des Bildungsministers, in ganz Simbabwe eine einheitliche Schuluniform einzuführen. „Die Regierung“, so Kudya, „kann uns nichts mehr aufzwingen.“ GODFREY KARORO

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