: Finale im Grünen
Der Senat will am Dienstag das Aus der sozial-ökologischen Nutzung des Waller Fleets besiegeln
Am Dienstag will der Senat über die so genannte „Bereinigung“ des Kleingartengebiets im Waller Fleet entscheiden. Das bedeutet für mehr als hundert BewohnerInnen die Vertreibung. Sie dürfen ihre Parzellen nicht mehr weiter bewohnen, wenn die vom Sanierungsbeirat beschlossene, nach wir vor umstrittene Rahmenvereinbarung per Senatsentscheid in Kraft tritt. Der Verein Gartenwohnkultur und die grüne Bürgerschaftsfraktion sind dagegen.
Nun läuft die Uhr für die so genannten „Illegalen“, die nach 1974 zugezogen sind und nicht alt, pflegebedürftig oder behindert sind – denn für solche Härtefälle gilt eine Ausnahmeregelung. Rainer Weber, einer der rund 120 Mitglieder der Gartenwohnkultur: „Es ist skandalös, dass die Kaisenhäuser für illegal erklärt werden. Eine spätere Stichtagsregelung und damit eine weitgehende Legalisierung der jetzigen Situation wäre möglich gewesen. Die Entscheidung lassen wir uns nicht gefallen: Jetzt werden wir eine Rechtsberatung organisieren.“
Wenn es nach dem Senat geht, sollen 300 Gebäude abgerissen werden. Anders als bislang üblich, werden die Eigentümer von den Abrisskosten freigestellt, wenn das Gebäude vor 1995 errichtet wurde. Diese Regelung lässt sich der Senat einiges kosten. Wenn nämlich im Waller Fleet der Abriss bezahlt wird, muss das auch für zukünftige Bereinigungsgebiete gelten – Stichwort Gleichbehandlung. Also wird in den nächsten 30 Jahren mit 17,25 Millionen Euro gerechnet. Nicht enthalten: das Geld für die Umsiedlungen und die sozialen Folgekosten.
Herbert Thomsen, PDS-Mitglied im Beirat Walle: „Die Benennung eines Runden Tisches durch die Baubehörde, der den Kahlschlag in der Waller Feldmark absegnen sollte, war von Anfang an eine Feigenblattveranstaltung. Die Vertreibung der BewohnerInnen war von der großen Koalition politisch gewollt.“
Sie will die Flächen der Vertriebenen auch als Ersatzland für auszugleichende Kleingärten anrechnen. Das allerdings stößt auf entschiedenen Widerspruch beim Landesverband der Kleingärtner, der sich ansonsten mit der Neuregelung einverstanden erklärt. Geschäftsführer Dietmar Klepatz: „Für den Landesverband ist das kein Ersatz. Wir wollen die Entwicklung des Waller Fleets als Kleingartenpark. Für das einzige Naherholungsgebiet im Bremer Westen hat diese Funktion höchste Priorität“.
In der Tat gibt es hier genug Kleingärten, die nicht bewohnt werden dürfen. Einem aktuellen Gutachten zufolge existieren in Walle doppelt so viele Gärten, als dort nachgefragt werden. Mit der Bereinigung dürfte sich das Überangebot noch vergrößern.
Laut Senatsvorlage soll das Waller Fleet in Zukunft auch als Reservoir für Ersatzmaßnahmen herhalten. Entsprechende Ausgleichsflächen braucht der Senat.
Karin Mathes
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