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Die Korrumpels vermehren sich

Der Kölner Müllskandal weitet sich auf das ganze Rheinland aus. Kommunalpolitiker in Düsseldorf und Sankt Augustin kommen hinter Gitter. Der Hauptbeschuldigte Trienekens darf gegen 100 Millionen Euro Kaution das Gefängnis verlassen

aus Köln PASCAL BEUCKERund FRANK ÜBERALL

Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre, als Fortuna Düsseldorf noch erstklassig spielte, war Kurt Schneider der strahlende Präsident des traditionsreichen Fußballklubs. Heute spielt Fortuna in der Oberliga und auch der Stern Schneiders ist tief gesunken. Dieser Tage bekam der 76-Jährige Besuch von der Kriminalpolizei. Sie nahm ihn vorläufig fest. Denn Schneider kümmerte sich nicht nur um Fußball. Dreißig Jahre saß er für die SPD im Stadtrat der Landeshauptstadt. Sein Spezialgebiet: der Müll. Nun steht er unter Verdacht, in die Machenschaften des Exentsorgungsunternehmers Trienekens verwickelt zu sein.

Die Kölner Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt bestätigte nur, es werde wegen Steuerdelikten ermittelt. Aus Justizkreisen erfuhr die taz indes, dass der Verdacht gegen Schneider sich auf Aussagen im Kölner Müllskandal stützt. Schneider soll als „Berater“ von Trienekens mehr als zwei Millionen Mark kassiert haben – cash, ohne Vertrag. Mehrfach sei er in die Schweiz gefahren, um für den Müllmogul Finanztransaktionen durchzuführen. Nun wird geprüft, ob Bestechung im Spiel war.

Trienekens selbst wurde gestern gegen die Rekordkaution von 100 Millionen Euro und unter strengen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Er darf Nordrhein-Westfalen nicht verlassen, keinen Kontakt zu Mitbeschuldigten haben und muss sich dreimal wöchentlich bei der Polizei melden. Vor seiner Freilassung habe er „umfangreiche Aussagen gemacht und weitere Straftaten gestanden“, sagte Appenrodt zur taz. Es heißt, der 63-Jährige soll dabei auch eingeräumt haben, an der Abwicklung von Schmiergeldzahlungen über die Schweizer Briefkastenfirma Stenna beteiligt gewesen zu sein.

In der Untersuchungshaft sind die Schlüsselfiguren im Kölner Müllskandal redselig geworden. Nur Karl Wienand schweigt beharrlich. Stück für Stück werden die Ermittlungsergebnisse jetzt abgearbeitet. In Sankt Augustin bei Bonn erwischte es CDU-Stadtratsmitglied und Vizebürgermeister Karl-Heinz Meys. Er wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt. Der 62-Jährige ist Geschäftsführer der Rhein-Sieg Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH (RSAG). Nun steht er unter Korruptionsverdacht. Meys soll aber über Umwege in der Schweiz Geld und „andere Zuwendungen“ von Trienekens erhalten haben. Die Rede ist von einer halben Million Euro.

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