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Überhaupt kein Problem

Niemand hat Moritz Hunzingers „Politische Salons“ gemieden. Warum auch?

BERLIN taz ■ Zuerst trug sie sich ins Gästebuch ein. Dann wurde sie hinuntergebeten in den Salon. Als Tabea Rößner, 35, der Szenerie gewahr wurde, in die sie nun eintrat, dachte sie sich: „Was soll ich hier?“ Es waren fast nur Männer da, Anzug- und Funktionsträger. Von Aha, Jürgen, Geschäftsführer der Equipe Werbeagentur GmbH, bis Thorn, Arnd, Head of Fixed Income Germany der Allianz Dresdner Asset Management. Ein ganz normaler Politischer Salon in Frankfurt bei Moritz Hunzinger, dem ins Gerede gekommenen Lobbyisten.

Tabea Rößner blieb. Weil ein ausgesucht höflicher Moritz Hunzinger die frisch gewählte Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Rheinland-Pfalz begrüßte – und sie sogleich dem Star des Abends vorstellte: Künast, Renate, Ass. jur., Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Die grünen Regierenden sind als Objekte der professionellen Interessenvertretung interessant geworden. Nur wollte Hunzinger, der Beziehungsmakler, die grüne Ministerin wohl nicht ganz allein den grau gekleideten Lobbyisten aussetzen.

Daher war neben Künast eine Schar grünen Wohlfühlvolks geladen: Ihr Pressesprecher und eine Regierungsrätin aus dem Ministerium, Omid Nouripour und Olaf Cunitz von den hessischen Grünen sowie Tabea Rößner. Als die Journalistin hörte, dass Renate Künast komme, entschloss auch sie sich, der Einladung von Moritz Hunzinger zu folgen. Wo soll das Problem sein?

Es gebe überhaupt kein Problem, sagt Anke Martiny, solange kein Geld fließe. Martiny, die Vizechefin der Korruptionswächter von „Tranparency International Deutschland“, findet es völlig normal, einer Einladung zu einem Politischen Salon zu folgen. „Man geht dahin, um gesehen zu werden und um Leute kennen zu lernen“, sagt Martiny, die selbst 20 Jahre Berufspolitikerin war.

Was Martiny allerdings wenig clever findet: wenn Abhängigkeiten entstehen. „Kein Parlamentarier, kein Minister darf Geld für Vorträge annehmen“, sagt sie. Und spottet, obwohl Transparency gar keine Einzelfälle bearbeitet, ein bisschen über Cem Özdemir. Der grüne Spitzenpolitiker hat sich bei Hunzinger Geld geliehen. „Von einem Medienunternehmen, das mit Nachrichten handelt, darf man doch kein Geld nehmen“, schüttelt Martiny den Kopf, „der wird diese Information doch bei erster Gelegenheit verwenden.“

Das würde Moritz Hunzinger natürlich bestreiten. „Es gab keine Verpflichtungen“, sagte der Chef der „Hunzinger Information“ gestern zu dem Kredit, den er Özdemir zur Verfügung stellte. Und wenn jemand aus seinem Laden Verpflichtungen daran knüpfe, dann „würde ich dem die Ohren lang ziehen“.

Das ist ausnahmsweise kein Statement des Strippenziehers Hunzinger, sondern das Grundgesetz Nummer eins des Informationsjongleurs und Kontaktanbahners. Verpflichtungen gibt es keine. Hunzingers Gegenleistungen sind doppelt metaphysisch: Es gibt sie eigentlich gar nicht, und schon gar nicht spräche man über sie. Das Immaterielle ist das Wesen seines Geschäfts.

Hunzinger ist kein Beziehungsmakler, sondern ein Beziehungskonzern. Von völlig unbedenklichen Begegnungsplattformen wie „Parlamentarischen Abenden“ oder „Politischen Salons“ ausgehend, hat Hunzinger ein hochdifferenziertes Lobbyunternehmen aufgebaut. Dazu gehören eine Fotoagentur, ein Meinungsforschungsinstitut und ein Buchverlag. Wenn’s denn nicht anders geht, wird eine Zahlung mit einem fiktiven Gegenwert beschrieben. Wie im Falle Scharpings ein Vorschuss auf ein Werk, das dereinst wohl neben einem der anderen Glanzstücke aus dem Hunzinger-Verlag stehen wird. Etwa: „Chemie – eine reife Industrie“.

Den Hunzinger um einen Kredit anzuhauen und ihn dann abzustottern, hat schon fast wieder was. Echt grün eigentlich. CHRISTIAN FÜLLER

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