DIE NEUE ISRAELISCHE TAKTIK GEGEN DEN HAMAS-TERROR GEHT NICHT AUF: Scharon rechnet ohne Palästinenser
Wie schade, dass die neue Taktik Ariel Scharons – die Zähne zusammenzubeißen und die Zeit für sich arbeiten zu lassen – so spät kommt. Vielleicht hätte das Leben der jüngsten 20 Todesopfer gerettet werden können. Die Hamas beschuldigt die Regierung in Jerusalem, die Vergeltungsanschläge mit der Exekution eines ihrer Kommandanten provoziert zu haben. Nun ist der Hamas jeder Grund für gewaltvollen Widerstand recht. Nicht nur israelische Militärschläge gaben ihr Anlass zum Terror, sondern auch Fortschritte im Friedensprozess. Doch bisher blieben die von Israel praktizierten Exekutionen stets kontraproduktiv.
Die israelischen Militärs reden mit Blick auf die neue Taktik von Zurückhaltung. Das ist, angesichts der Maßnahmen, die ohnehin schon getroffen wurden, zumindest beschönigend. Rund 800.000 Menschen sitzen erneut in ihren Häusern fest. In Nablus finden seit Tagen Massenverhaftungen statt. Zurückhaltung bedeutet also nicht viel mehr, als dass von einem dritten umfangreichen Armeeschlag abgesehen wird. Besatzung und Reisesperren werden fortgesetzt. Von bis zu sechs Monaten ist die Rede, in denen die Regierung das Problem aussitzen will. Ein Plan, der die andere Seite unberücksichtigt lässt. Denn wie wird es Ende des Jahres in Ramallah oder Rafah aussehen, wenn die Bevölkerung weiter ohne Arbeit ausharrt? Der irakische Präsident ist der einzige arabische Staatschef, der in den vergangenen 20 Jahren Drohungen gegen Israel wahr machte. Wie soll sich ein amerikanischer Angriff auf ihn positiv auf die Lage im Nahen Osten auswirken, wenn die Palästinenser am Rand einer Hungersnot stehen?
Die Hoffnung, der Ausgang der Wahlen in den Autonomiegebieten würde die Situation für Israel günstig beeinflussen, ist naiv, solange die Lebensumstände nicht verbessert werden. Einzig der Trennzaun, der bis dahin errichtet werden soll, mag ein Hoffnungsträger sein. Allerdings sind seit der Regierungsentscheidung im Juni nicht mehr als 40 Meter gebaut worden. Scharon ist sich vor allem in einem Punkt nicht mehr treu: Entschlossenheit. SUSANNE KNAUL
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