: Eine Anleitung zum Bleifrei-Trinken
Blei ist giftig: Belastetes Trinkwasser bereitet den Eltern Kopfweh und kann bei den Kindern zu nachhaltigen Schädigungen führen. Hier ein Ratgeber, wie man Blei im Wasser erkennt und was man dagegen tun kann
Noch immer fließt in 29.000 Berliner Häusern das Trinkwasser durch Bleirohre in die Hähne. Betroffen sind in erster Linie Altbauten. Ein Anruf bei der Hausverwaltung genügt, um zu erfahren, ob das Leitungswasser im Haus durch Bleirohre verteilt wird. Oder man schaut sich im Keller die Rohre an: Das spezifische Grau und weiche Biegungen deuten auf Bleirohre.
Wo ist Blei im Rohr?
Sind die Anschlussverhältnisse nicht im Grundbuch erfasst, prüft das Gesundheitsamt die Anschlüsse und nimmt Wasserproben – kostenlos für den Mieter. Ebenfalls in den Genuss einer Gratis-Trinkwasseranalyse kommen Familien mit kleinen Kindern, da diese besonders gefährdet sind.
Wer sein Wasser selbst auf Bleibelastung testen will, kann eine kostenpflichtige Wasseruntersuchung anfordern. Die Berliner Wasserbetriebe (19 Euro), die Stiftung Warentest (26 Euro) und die Grüne Liga Berlin (30 Euro) bieten entsprechende Tests an.
Wie schädlich ist Blei?
Blei ist keineswegs tödlich, aber giftig. Es kann die Gesundheit gleich nach der Aufnahme beeinträchtigen und bei regelmäßiger Belastung zu Langzeitschäden führen. Besonders gefährdet sind Kinder. Eine Göttinger Studie erläutert: „Es können Defizite in der Sprachbeherrschung und Aussprache sowie in der Aufmerksamkeit und den schulischen Leistungen auftreten.“ Bei Kindern unter sechs Jahren kann selbst ein leicht erhöhter Blutbleispiegel die neuronale Entwicklung stören. Die Folge sind Hyperaktivität, Konzentrationsschwäche oder Defizite in der Intelligenz. Auch erwachsene Menschen leiden unter Blei. Magenstörung, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Niereninsuffizienz treten bei der Aufnahme geringster Mengen auf.
Doch die in der Göttinger Studie gemessenen Dosierungen stellen für Erwachsene keine Gefahr dar. Laut Berliner Gesundheitsämtern ist kein einziger Fall einer Bleivergiftung durch Trinkwasser bekannt. Allerdings kann Blei aus dem Trinkwasser in Zusammenwirkung mit Schwermetall aus anderen Quellen durchaus schädlich sein. Im Gesundheitsamt Zehlendorf wurde der Fall eines Mannes bekannt, der Geschirr aus bleihaltiger Keramik benutzte, zusätzlich bleihaltiges Wasser trank und sich so vergiftete.
Was tun, wenn das Leitungswasser belastet ist?
Aufkochen bringt nichts. Aber ein einfacher Trick hilft, kein bleihaltiges Wasser trinken zu müssen: Vor dem Kaffeekochen den Wasserhahn eine Minute laufen lassen. Blei im Trinkwasser ist bedingt durch Korrosion von Bleirohren. Die Bleielemente lösen sich nur im stehenden Wasser. Werden die Rohre also gut durchgespült, liegen die Werte lediglich bei homöopathischen, kaum noch erfassbaren Konzentrationen.
Nur um ein Glas Wasser zu trinken dauernd duschen: Das wird mit der Zeit ja auch etwas umständlich. In Zukunft braucht man wegen Blei auch nicht mehr umzuziehen. Ab Dezember 2003 greift die neue Trinkwasserverordnung. Prüfer entnehmen dann die Wasserprobe direkt dem Hahn. Liegt die Bleibelastung über dem Grenzwert, bekommt der Hauseigentümer Post vom Gesundheitsamt. Er wird die Bleirohre auswechseln lassen müssen.
SIMON JÄGGI
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