Bahn fährt Mitarbeiter zusammen

Deutsche Bahn AG baut am ehemaligen Stettiner Bahnhofsgelände neuen Bürokomplex für 2.000 Eisenbahner. Bestehende Standorte werden geräumt. Gesamtes Gleisareal soll zukünftig Stadtteil mit Park, Sportanlage und Bürogebäuden werden

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Überfüllte Züge, Verspätungen und ein immer verwirrenderes Preissystem kompensiert Bahnchef Hartmut Mehdorn mit Umstrukturierungsprozessen im eigenen Konzern. Nachdem in der Vergangenheit die Bahn AG ihr Hauptquartier von Frankfurt ins Sony-Hochhaus am Potsdamer Platz verlegt hatte, sollen nun die Bahnmitarbeiter in Berlin an einem Standort konzentriert werden. Schmackhaft macht der Bahnvorstand den Plan seinen Angestellten mit einer Brise Corporate Identity: Die 2.000 Büros sollen bis 2005 auf dem Gelände des ehemaligen Stettiner Bahnhofs alias „Nordbahnhof“ entstehen. Zugleich wird der alte denkmalgeschützte Bahnhof saniert und das östliche Quartier an der Gartenstraße mit dem an der westlichen Pflugstraße durch die Neubauten und mit einem Park verbunden. Die Bahn hat auch schon einen Namen für den neuen Stadtteil, in den hinein die Bernauer Staße verlängert wird: „Stettiner Carrée Mitte“. So weit, so gut.

Ob sich das Geschäft, das sich der Bahnvorstand von dem Neubauareal auf dem einstigen lang gezogenen Gleisfeld verspricht, auch rechnet, blieb am Dienstag bei der Präsentation des Entwurfs unbeantwortet. Klar ist, dass über 2.000 Eisenbahner ihre Büros an 15 Standorten in Berlin, darunter das Haus an der Ruschestraße in Lichtenberg, werden räumen müssen. Sicher ist auch, dass die Flächen in den geplanten „Bügelbauten“ über dem neuen Lehrter Bahnhof „nicht von der Bahn selbst genutzt werden“, wie Peter Debuschewitz, Konzerbevollmächtigter der Bahn AG für Berlin, sagte. Diese Räume sollen ab 2005/2006 an potente Dienstleister – wer immer das auch sein mag, denn bis dato halten sich nach Bahnangaben „diese noch zurück“ – vermietet werden.

Die Bahn AG tritt am Stettiner Carrée Mitte nicht selbst als Bauherr auf. Burkhard Ahlert, Pressesprecher im Hause Mehdorn, sagte, der DB-Konzern habe das 26.500 Quadratmeter große Grundstück an einen Schweizer Investor verkauft und ihn mit dem Bau der Bürogebäude beauftragt. Mit dem Kaufvertrag wurde ein Mietvertrag zwischen Bahn und Investor abgeschlossen. Über den Kauf- beziehungsweise Mietpreis wollte Ahlert nichts mitteilen. Nach den Plänen des Düsseldorfer Architekturbüros RKW ist vorgesehen, 48.500 Quadratmeter Bürofläche, verteilt auf vier miteinander verbundene sechsstöckige Blöcke, bis 2005 zu realisieren. Zu den Büroquadern sollen neue Erschließungswege führen, die vom Land Berlin gebaut werden. Der Verwaltungskomplex, so Ahlert, werde neben Büros ein Casino sowie Konferenzräume aufnehmen.

Weit spannender als die plumpen Büroblöcke ist das, was die Bahn AG mit der Gesamtplanung und weiteren Teilverkäufen auf dem insgesamt 170.000 Quadratmeter großen Stettiner Bahngelände für die Zukunft vorhat. Die Fläche, etwa so groß wie der Mauerpark, liegt seit dem Bau der Mauer 1961 brach. Anfang der 90er-Jahre wurde vom Land Berlin ein städtebaulicher Wettbewerb mit Wohnungen, Büros und einer Parkanlage initiiert, auf den sich die Bahn nun als Städtebauer zum Teil bezieht. Denn neben dem Bürohauskomplex sollen noch drei weitere Gebäude mit Büros und Läden entstehen.

Die insgesamt 16.700 Quadratmeter umfassenden Grundstücke sind an einen Berliner Investor verkauft oder werden in Kürze vermarktet. An die Gebäude soll sich entlang der Gartenstraße eine rund sieben Hektar große Grünanlage mit Sportplatz anschließen. Daneben bleiben etwa vier Hektar Gleisanlagen für die S-Bahn bestehen, die den „Nordbahnhof“ mit der Innenstadt verbindet.