Geschichten aus dem Bausumpf

Bau-Abteilungsleiter Gottfried Zantke war für das Controlling der Baustelle Ostkurve verantwortlich, erfuhr der Ausschuss gestern. Aber er kümmerte sich praktisch nicht darum – wie auch. Und der Stadion-Auftraggeber baute auch privat mit Zechbau

Die Staatsverwaltung Bremen soll ökonomisch handeln wie ein „Konzern“, heißt es immer wieder in Reformpapieren, aber in der Praxis ist es doch ein ziemliches Durcheinander von Behörden-Strukturen. Das wurde gestern bei den Verhandlungen des Untersuchungsausschusses sehr plastisch. Thema war wieder der Bau der Ostkurve. Die Auslagerung von Verwaltungs-Abteilungen in privatrechtlich organisierte Staatsfirmen führte da nicht zu klareren Verantwortlichkeiten, sondern machte das Chaos eher größer.

Da sollte die städtische Gesellschaft für Sport und Freizeit (BSF-GmbH), praktisch damals eine ausgelagerte Abteilung des Sportamtes, die Ostkurve neu bauen. Der Geschäftsführer dieser Pseudo-Firma, Reinhard Hoffmann, geht davon aus, dass nach den – privat – von Werder Bremen und Zechbau erstellten Plänen und zu dem von Zechbau vorgeschlagenen Preisangebot gebaut werden soll. Werder Bremen hat das Preisangebot der Baufirma nie überprüft, aber das weiß Hoffmann nicht, da die Werder-Manager mit ihm nicht darüber sprechen. Und da Zechbau ein Sponsor von Werder ist, kann Werder kaum Interesse daran haben, dass die Stadt den Preis drückt.

Im Vorfeld des Senatsbeschlusses formuliert ein leitender Mitarbeiter des Wirtschaftsressorts einen Vermerk: Kostenberechnung und Ausschreibung des Auftrages sei erforderlich, steht da. Der Hinweis wird ignoriert. Nachdem der Senat einen Beschluss dazu fällt, ist für Hoffmann die Sache politisch abgesegnet: Zechbau baut. Das Preisangebot von Zechbau – 21,2 Millionen Mark – ist von dem für öffentlichen Hochbau zuständigen Hochbauamt überprüft worden, erklärte Hoffmann gestern dem Ausschuss.

Der Leiter des Hochbauamtes, Falko von Strauß und Torney, kam dann in den Ausschuss und stellte klar: Er hat nichts überprüft und will nichts damit zu tun haben. Denn erstens sei ihm damals „bewußt“ gewesen, dass man eine Auftragsvergabe dieser Größenordnung ausschreiben muss, zweitens habe das Hochbauamt – damals schon als private Firma unter dem Namen „Brehoch-GmbH“ organisiert – gar nichts prüfen dürfen. Er habe eine Vereinbarung entworfen, wie ein fachmännisches Controlling stattfinden könne, sagt von Strauß und Torney aus. Dann habe er aber eine Dienstanweisung des Bau-Abteilungsleiters Gottfried Zantke bekommen, die ihn zwang, einen seiner Mitarbeiter der Fachaufsicht des Bau-Abteilungsleiters zu unterstellen. Damit habe rechtlich das Bauressort das Controlling übernommen. Nicht nur das ist absurd: „Eine Person ist mit einem solchen Controlling überfordert“, meinte der Brehoch-Chef. Er habe „remonstriert“, aber keine Antwort erhalten, was der Sinn der ungewöhnlichen Maßnahme sei. Soweit sei es eben mit der verantwortlichkeit eines GmbH-Geschäftsführers nicht her, merkt er an. Er habe sich beugen müssen und dafür gesorgt, das seine GmbH keinerlei Verantwortung trifft: Kein Mitarbeiter sollte mit dem freigestellten Controller-Kollegen kooperieren.

Und dann kommt der Mitarbeiter Fritz Mellenthin, auf den alle Verantwortung abgeschoben wurde, in den Zeugenstand. Er habe das eigentlich nicht machen wollen, sagt er. Sei per Dienstverpflichtung verdonnert worden. Und dann habe er nach bestem Wissen gearbeitet. Für die Kontrolle des Festpreisangebotes hatte er gerade vier Wochen Zeit im Juli gehabt. Im Vergleich zu den Kosten der Westkurve sei der Preis gut gewesen, stellte er fest, bei einer Ausschreibung sei kein besseres Angebot zu erwarten. Mit seinem Chef, dem Abteilungsleiter Zantke, habe er kaum Kontakt gehabt. Aber klar, letztlich sei der verantwortlich gewesen.

Das war Mitte der 90er Jahre. Und während die Ostkurve des Weser Stadions dann von Zechbau erneuert wird, hängen auch am Privathaus des Bau-Abteilungsleiters Zantke die Bauschilder der Firma Zechbau. Der Bau sei mehrere hunderttausend Mark zu preiswert abgerechnet worden, ermittelte die Kripo. Das sei ein Festpreis gewesen, rechtfertigt sich Zantke.

Auch bei Hoffmann war die Kripo, denn auch Hoffmann baute privat mit der Firma, mit der er den Großauftrag unterschrieben hatte. Hoffmanns Stellvertrerter Wolfgang Heise vor dem Ausschuss: „Wenn ich das gewußt hätte, hätte ich ihm vielleicht geraten, das nicht zu tun. Da kann man immer in Bedrängnis kommen.“ Zechbau hatte auch Hoffmann ein Festpreis-Angebot gemacht. Belege der Subunternehmer waren bei der polizeilichen Durchsuchung in den Räumen von Zechbau nicht zu finden. Die Kripo kann den Verdacht, dass der Pauschalpreis viel zu günstig war, daher nicht nachweisen. Sie fand „nicht erklärbare Differenzbeträge“ und Buchungen auf Ostkurven-Konten. Auch in Rostock machte Hoffmann mit Zechbau Immobiliengeschäfte. Die Kripo kommt zu dem „Verdacht, dass Herrn Reinhard Hoffmann auf diesem Wege eine verdeckte Zuwendung erhalten hat“. K.W.