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Nur ein Brite ist für Bush

Bei einer Debatte im Europaparlament lehnen fast alle Redner einen Angriffskrieg gegen den Irak ab und fordern die US-Regierung auf, endlich einen Dialog mit der Europäischen Union zu beginnen

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTER

Deutschland isoliere sich mit seiner Irak-Position innerhalb der EU, sagte der US-Botschafter in Deutschland, Daniel Coats, gestern einer Nachrichtenagentur. Das mag für den Kreis der Regierungschefs gelten. Im Europaparlament jedoch zeigte sich gestern: Einen Angriffskrieg zur Beseitigung des Hussein-Regimes halten fast alle Redner quer durch die Parteien für völkerrechtswidrig. Bushs Pläne könnten die Antiterrorkoalition spalten und alle Chancen für einen Frieden in Palästina verbauen.

Zwar stützte der konservative britische Abgeordnete Charles Tannock die Linie seines sozialistischen Premiers Tony Blair. Er erinnerte daran, dass niemand im EU-Parlament eine UN-Resolution gefordert habe, als es darum ging, Serbien zu bombardieren. Saddam Husseins Verbrechen seien zudem schlimmer als die von Serbenführer Milošević. Mit dieser Meinung blieb Tannock aber ziemlich allein.

George Bush sei kein Winston Churchill, auch wenn sein Verteidigungsminister das behaupte, sagte Graham Watson, der britische Vorsitzende der Liberaldemokraten im Europaparlament. „Die historische Lektion lautet: Churchill erkannte die nationalsozialistische Bedrohung zu einem frühen Zeitpunkt. Er zog eine Linie in den Sand, und als sie überschritten wurde, handelte er mit moralischer Autorität und internationaler Unterstützung. Die britische Grüne Caroline Lucas sagte: „Wir können internationales Völkerrecht nicht durchsetzen, indem wir internationales Völkerrecht verletzen.“

Ähnlich argumentierten mehrere sozialdemokratische Redner. Der konservative Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Deutsche Elmar Brok, sagte: „Im Gegensatz zu vielen meiner Kollegen halte ich Präventivkriege für erlaubt. Aber die Beweislage muss zeigen, dass das Risiko für die Völkergemeinschaft ohne Krieg höher wäre als mit.“ Die US-Regierung bleibe diese Beweise schuldig.

Die meisten Redner kritisierten das Fehlen der Bereitschaft Amerikas zum Dialog mit der Europäischen Union. Wie der außenpolitische Vertreter Javier Solana verwahrten sich auch die Abgeordneten dagegen, dass getrennte Absprachen mit einzelnen Unionsmitgliedern getroffen werden. „Wir Europäer sind Multilateralisten, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Multilateralismus funktioniert“, hatte Solana gegenüber der Berliner Zeitung erklärt.

Zu Beginn der Debatte hatte EU-Außenkommissar Chris Patten betont, dass es keine Beweise für die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen im Irak gebe. Eine möglichst breite Koalition müsse Druck auf Hussein ausüben, die Waffeninspektoren wieder ins Land zu lassen. Es gebe wohl niemanden hier im EP, der diese Forderung nicht unterstütze. Ein Bruch zwischen dem Westen und der islamischen Welt müsse aber vermieden werden. „Intelligente Sanktionen“ gegen den Irak, wie sie der UN-Sicherheitsrat im vergangenen Mai beschlossen habe, seien der richtige Weg, sagte Patten. Sie könnten Saddam militärisch bremsen, ohne die Zivilbevölkerung weiter zu schädigen. Seit dem Golfkrieg sei die EU mit 270 Millionen Euro der größte Geber im Irak.

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