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Arrest für Arafat

Ratlos nach den Anschlägen: Israel kriegt Hamas nicht zu fassen. So muss wieder der Palästinenserchef herhalten

JERUSALEM taz ■ Aus dem Umfeld der Regierung verlauteten bereits Gerüchte, dass das Schicksal von Palästinenserpräsident Jassir Arafat besiegelt sei: Landesverweis. Dann jedoch bezogen in der Nacht zu gestern doch nur wieder einige israelische Panzer Posten rund um den Amtssitz des Palästinenserchefs, der fortan erneut unter Hausarrest steht. Israels Premierminister Ariel Scharon reagierte damit sowie mit der Zerstörung mehrerer Gebäude des Arafat-Regierungskomplexes auf das Attentat in Tel Aviv, das am Vortag sechs Menschenleben gefordert hatte.

Die israelischen Soldaten forderten per Flüstertüten die gesuchten Palästinenser zur Aufgabe auf, die sich auf dem Gelände versteckt hielten. Rund 20 Männer folgten der Aufforderung. 20 weitere, darunter der von Israel als Drahtzieher von Anschlägen gesuchte Taufik Tirawi, Chef des Nachrichtendienstes im Westjordanland, blieben in den Büroräumen Arafats, die die Soldaten vorerst nicht antasteten. Gestern appellierte die US-Regierung an Arafat, die Männer auszuliefern. Ein Angehöriger der Präsidentengarde „Force 17“ war am Morgen von einem israelischen Scharfschützen getötet worden. Über fünf Städte im Westjordanland wurde wieder eine totale Ausgangssperre verhängt. Im Gaza-Streifen wurden bei einer erneuten Invasion zwei Menschen erschossen.

Berichten der Tageszeitung Yediot Achronot zufolge debattierte das Kabinett die Möglichkeit, den Gründer der Hamas, Scheich Achmad Jassin, des Landes zu verweisen. Die Hamas hatte die Verantwortung für das Attentat in Tel Aviv übernommen. Der Vorschlag sei aus den Reihen der Sicherheitsdienste gekommen. Bis zum Abend blieb unklar, warum die Idee vorerst nicht umgesetzt wird. Eine Ausweisung Arafats wurde von den Sicherheitsdiensten abgelehnt. Einer Isolation des Palästinenserchefs stand aus ihrer Sicht hingegen nichts im Wege.

Die Militäroffensive ist problematisch, weil Arafat wiederholt Terrorattentate gegen israelische Zivilisten verurteilt hat und gleichzeitig angesichts der zerstörten Infrastruktur und der andauernden Besatzung im Westjordanland und Gaza-Streifen derzeit über wenig Möglichkeiten verfügt, den Terror aufzuhalten. Die Hamas ist wiederum für das israelische Militär ein schwer greifbares Zeil. Die Bewegung verfügt nicht über Hauptquartiere oder Verwaltungsgebäude. Terrorattentate sprechen die abgetauchten Hintermänner in der Regel per Mobiltelefon ab. Abgesehen von den Köpfen des militanten Hamas-Flügels selbst, gibt es für das Militär keine Angriffspunkte. Gäbe es sie, wären sie einer Umzingelung des Amtssitzes Arafats zweifellos vorzuziehen. SUSANNE KNAUL

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