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Partylaune hält sich in Grenzen

Wirtschaft fürchtet weiteren „Reformstau“. Börsenkurse gaben nach, nur Umweltaktien honorierten den Wahlsieg

BERLIN taz ■ Verhalten, kritisch, enttäuscht – so kommentierten viele Wirtschaftsvertreter den rot-grünen Wahlsieg. Ihre Forderungen, etwa nach flexibleren Jobs und einer Lockerung der Tarifverträge, hätte eine Koalition aus CDU und FDP eher erhört, meint die überwiegende Mehrheit.

Ökonomen der liberalen Schule forderten die neu gewählte Regierung gleich gestern dazu auf, das Betriebsverfassungsgesetz so zu ändern, „dass Lohnvereinbarungen ohne Zustimmung der Tarifparteien“ möglich werden, und die „Sozialhilfe für Arbeitsfähige“ deutlich zu senken. Zu den Unterzeichner des in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Aufrufs gehören der Wirtschaftweise Jürgen Donges und der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. Der Bundesverband deutscher Banken warnte Rot-Grün davor, in den kommenden vier Jahren auf eine weitere Steuerreform zu verzichten. Und die HypoVereinsbank formulierte auch gleich die Bedenken der Branche: „Schnelle Steuerentlastungen erwarten wir nicht.“

Doch nicht nur die vermeintliche Nähe zu den Arbeitnehmern stört viele Ökonomen. Auch der Sparkurs von Finanzminister Hans Eichel, einst durch die Bank weg hoch gelobt, geht mittlerweile immer mehr Volkswirten zu weit. Gustav Horn, Chef der Konjunkturabteilung des Ifo-Intistuts, sagte der taz: „Die Regierung sollte von den selbst gesteckten Sparzielen Abstand nehmen und wieder mehr investieren.“ Deutschland könnte sich mit Frankreich und Italien zusammentun und eine Reform des EU-Stabilitätspakts, Richtlinie aller Sparprogramme, einleiten. Doch das Wahlergebnis gebe da wenig Anlass zur Hoffnung, meint Horn: „Ich fürchte, Stoiber hätte diese Chance eher ergriffen.“

Mehr noch als die Tatsache, dass Rot-Grün erneut gewonnen hat, wird der knappe Wahlausgang bedauert: „Für die nächsten vier Jahre bedeutet das nichts Gutes“, sagte Andreas Scheuerle, Chefsvolkswirt bei der DekaBank gestern. Und sprach damit den Börsianern aus der Seele. Eines auf dem Frankfurter Parkett gestern meist bemühten Worte war der „Reformstau“, der sich nun noch weiter stauen könnte.

An den Börsen zeigte sich klar, was von der neuen Regierung erwartet wird. Die im Deutschen Aktienindex DAX gewichteten Schwergewichte, meist traditionelle Unternehmen der „old economy“, gaben nach. Einige Anleger hatten auf einen schwarz-gelben Wahlsieg gewettet. In Erwartung von Reformen zugunsten der Unternehmer hätten solche Aktien dann an Wert gewonnen, so die Spekulation.

Dafür legten Öko-Aktien deutlich zu. Die Windenergiefirmen Plambeck und Norden zogen um rund 20 Prozent an – gilt doch Rot-Grün als Garant, dass die regenerativen Energien weiter gefördert werden sollen. Auch Umweltkontor-Aktien stiegen um sieben Prozent.

Auch an den ausländischen Börsen stand die Wahl in Deutschland gestern im Mittelpunkt. In London fasste ein Anleger die Stimmung „der Märkte“ so zusammen: „Das Ergebnis ist nicht gerade ein Grund zur Freude.“ KATHARINA KOUFEN

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