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Nordirlands Watergate

Sinn-Féin-Mitglied soll geheime Dokumente kopiert haben. Durchsuchung in Belfaster Parlamentsbüros

DUBLIN taz ■ Die nordirische Mehrparteienregierung steht vor dem Zusammenbruch, nachdem 200 Polizeibeamte am Freitag mehrere Büros von Sinn Féin („Wir selbst“) in Belfast durchsucht und hunderte von Papieren beschlagnahmt haben. Die Irisch-Republikanischen Armee (IRA), der militärische Flügel Sinn Féins, soll eines ihrer Mitglieder als Boten ins Regierungsgebäude eingeschleust haben. Dort habe er über einen Zeitraum von anderthalb Jahren geheime Dokumente kopiert, darunter den Briefwechsel zwischen dem britischen Premierminister Tony Blair und seinem Nordirlandminister John Reid.

Vier Personen wurden am Freitag verhaftet. Eine davon ist Denis Donaldson, der Anfang der 80er-Jahre wegen IRA-Mitgliedschaft im Gefängnis saß und heute parlamentarischer Geschäftsführer Sinn Féins im Belfaster Regierungsgebäude Stormont ist. Die Unionisten verlangen, dass Sinn Féin aus der Mehrparteienregierung entfernt wird. Andernfalls, so drohte der Unionistenchef und nordirische Premierminister David Trimble, werde er die Exekutive zu Fall bringen. „Ich glaube, diese Sache ist noch schlimmer als Watergate“, sagt er.

Blair und sein irischer Amtskollege Bertie Ahern, der die Polizeiaktion vom Freitag als „übertrieben“ bezeichnete, treffen sich am Mittwoch, um über die Krise zu beraten. Außerdem will Blair eine Unterredung mit dem Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams vorverlegen. Sie sollte ursprünglich erst in zehn Tagen stattfinden. „Die Lage ist kritisch“, sagte Reid gestern. „Wir benötigen Antworten von Sinn Féin. Ich stehe voll hinter dem Friedensprozess, aber ich kann ihn nicht aufrechterhalten, wenn solche Dinge passieren.“ Das Einzige, was den Prozess jetzt noch retten könne, sei eine Erklärung der IRA, dass sie sämtliche militärischen Aktivitäten einstelle, fügte Reid hinzu. RALF SOTSCHECK

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