: Wohnung und Geld für den Terror
Generalbundesanwalt ließ Marokkaner in Hamburg festnehmen. Abdelghani Mzoudi soll Attentäter vom 11. September logistisch unterstützt haben. Entscheidend für eine Verurteilung wird sein, ob er von den konkreten Anschlägen gewusst hat
von CHRISTIAN RATH
Immer wieder Hamburg. Gestern wurde im Hamburger Stadtteil Hamm der 29-jährige Marokkaner Abdelghani Mzoudi festgenommen. Nach Generalbundesanwalt Kay Nehm soll er die Attentäter vom 11. September unterstützt haben. Er ist damit nach Mounir al-Motassadeq der zweite Terrorverdächtige, der in Deutschland in Haft sitzt.
Konkret wird Mounir vorgeworfen, er habe die terroristische Vereinigung um den Todespiloten Mohammed Atta durch „logistische Maßnahmen“ unterstützt. So stellte er dem Gruppenmitglied Zakariya Essabar Geld für eine Flugausbildung in den USA zur Verfügung. Essabar durfte allerdings nicht in die USA einreisen. Dem späteren Todespiloten Marwan Alshedhi verschaffte er ein Zimmer in einem Studentenwohnheim, in dem sich dieser bis zu seiner Abreise in die USA im Mai 2000 aufhielt.
Große Tatbeiträge sind das nicht. Strafbar sind sie allenfalls, wenn Mzoudi von der terroristischen Zielsetzung der Atta-Zelle gewusst hat. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft war dies der Fall. Nehm schließt dies daraus, dass der Marokkaner zu allen bisher bekannten sieben Mitgliedern der Atta-Zelle enge Beziehungen unterhielt. Im Sommer 2000 soll er außerdem gemeinsam mit al-Motassadeq und Essabar ein Ausbildungslager in Afghanistan besucht haben.
Noch ist allerdings offen, ob Mzoudi auch von den konkreten Anschlagsplänen auf das World Trade Center und das Pentagon gewusst hat. Dies werde noch untersucht, hieß es gestern bei der Bundesanwaltschaft. Sollte der Verdacht sich erhärten, würde Mzoudi wohl wie al-Motassadeq auch wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Beihilfe zum Mord in rund 3.600 Fällen angeklagt werden. Der Prozess gegen al-Motassadeq soll am 22. Oktober vor dem Hamburger Oberlandesgericht beginnen. Derzeit ist noch nicht absehbar, ob Mzoudi in diesem Prozess einbezogen wird.
Gegen Mzoudi war bereits seit dem 25. Oktober 2001 ermittelt worden. Er hatte in der Hamburger Marienstraße mit dem später untergetauchten Essabar zusammen gewohnt. Mohammed Atta und das jüngst in Pakistan verhaftete Gruppenmitglied Ramsi Binalshib waren dort zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits ausgezogen.
Dass Mzoudi, ebenso wie al-Motassadeq, nicht vor dem 11. September aus Deutschland verschwand, spricht auf den ersten Blick eher gegen eine engere Beteiligung der beiden an den Anschlägen in den USA. Drei andere Gruppenmitglieder, die nachweislich in die Tatplanung eingeweiht waren – Binalshib, Essabar und Said Bahaji –, hatten sich allesamt rechtzeitig abgesetzt. Ein Unschuldsbeweis sei die unterbliebene Flucht allerdings auch nicht, betonte gestern eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft.
Zwischenzeitlich war gegen Mzoudi auch im Zusammenhang mit dem Hamburger Buchladen „Attawhid“ ermittelt worden. Der Verdacht, dass es sich bei den damals verhörten sieben Arabern um eine weitere terroristische Vereinigung handle, bestätigte sich allerdings nicht.
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