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Zurück nach Europa

Im vergangenen Jahr sind nach einer Erhebung der argentinischen Einwanderungsbehörde 86.000 Argentinier nach ihrer Ausreise aus Argentinien dorthin nicht mehr zurückgekehrt. Tendenz steigend. Es ist kein Wunder, dass es immer mehr Argentinier ins Ausland zieht, denn die Wirtschaft steht still und die Arbeitslosigkeit liegt bei zirka 20 Prozent. Nach Schätzungen des nationalen Statistikinstituts wollen 1,8 Millionen Argentinier ihr Land verlassen. Sie wollen vor allem nach Spanien, in die USA oder nach Italien. Die Konsulate dieser Länder werden mit dem Ansturm ausreisewilliger Argentinier kaum fertig.

Viele Menschen prüfen nach, ob sie sich auf europäische Großeltern berufen und damit die Staatsbürgerschaft eines EU-Landes beantragen können. Das ist der leichteste Weg, legal in Europa leben zu können.

Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts war Argentinien ein Einwandererland. Vor allem aus Spanien und Italien kamen die Menschen, um in Südamerika ein neues Leben zu beginnen. Jetzt hat sich die Richtung der Wanderungsbewegungen geändert. Es geht zurück nach Europa.

Gut 28 Prozent aller 36 Millionen Argentinier können sich auf italienische Vorfahren berufen. Und allein in der Hauptstadt Buenos Aires zählt das spanische Konsulat derzeit 137.000 spanische Wahlberechtigte. Aber wer ausreisen will, der braucht Geduld. Das italienische Konsulat in Buenos Aires vergibt für die Ausstellung eines Reisepasses Termine am 23. November 2003 um 9.30 Uhr. Ein Einbürgerungsverfahren kann sich über Jahre hinziehen.

Argentiniern, die keine Vorfahren in Europa haben, kann es gehen wie jenen 15, die letzte Woche ein Flugzeug auf dem Weg nach Spanien bestiegen. Am Flughafen von Madrid wurde ihnen die Einreise verweigert, weil ihnen Papiere für ein Touristenvisum fehlten. Sie flogen zurück nach Buenos Aires, in derselben Maschine, in der sie gekommen waren.

Für Argentinier ohne europäische Vorfahren ist es sehr schwierig, in Europa einen legalen Aufenthaltsstatus zu bekommen. Wer etwa in Spanien keine Vorfahren und somit keinen Anspruch auf einen spanischen Pass hat, muss eine langwierige Prozedur durchlaufen. Eine Möglichkeit ist die Einreise als Unternehmer. Dafür müssen sie auf einem Konto in Spanien eine Investitionssumme hinterlegen und können dann eine Arbeitserlaubnis bekommen. Erst wenn sie die haben, können sie eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Jedoch nicht in Spanien, sondern beim spanischen Konsulat in Argentinien – was noch einmal eine Reise nötig macht. MAL/WAHN

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