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Eine Allianz für Bürgerrechte

Seelsorger, Ärzte, Anwälte, Journalisten: Verbände der Berufsgeheimnisträger machen Front gegen das neue Verfassungsschutzgesetz der Hamburger Rechts-Koalition. Brief an alle Bürgerschaftsabgeordneten geschrieben

von PETER AHRENS und KAI VON APPEN

Ein solches Bündnis „hat es meines Wissens in einem Gesetzgebungsverfahren noch nie gegeben“, ist Stefan Endter, Geschäftsführer des Deutschen Journalistenverbandes DJV, selbst ein bisschen beeindruckt. Um den Schill-Entwurf für das neue Verfassungsschutzgesetz zu verhindern, hat sich eine „Hamburger Allianz“ aus Kirchen, Ärztekammer, Anwaltsvereinigungen und Journalistenverbänden gebildet. Sie alle gehören zu denen, die abgehört werden könnten, wenn der Entwurf zum Gesetz würde. Der Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Axel C. Filges macht klar, worum es geht: „Dies ist kein juristisches, sondern ein gesellschaftliches Problem: Wir streiten hier für die Bürgerrechte.“

Anwaltskammer erwägt Verfassungsklage

Für Filges ist der Senat dabei, „Bürgerrechte auf den Altar der Terrorismusbekämpfung zu opfern“. Schon der im Januar verabschiedete so genannte „Otto-Katalog“ des Sicherheitspakets II der rot-grünen Bundesregierung sei ihm „persönlich viel zu weit gegangen“. Schill verschiebe die Maßstäbe jetzt noch einmal weit nach vorn.

Nach den Vorstellungen des Innensenators könnten Anwaltskanzleien mit Dutzenden von Juristen und Hunderten von Mitarbeitern vom Geheimdienst ausgespäht werden, nur weil ein Mandant wessen auch immer verdächtigt werde. Wenn er sich daran erinnert, „mit welcher Leidenschaft einst um die Notstandsgesetze gestritten wurde“, frage er sich, warum die öffentliche Empörung gegen die Senatspläne so gering sei. Falls Schwarz-Schill den Entwurf nicht ändern wolle, „werden wir juristisch alle Möglichkeiten bis zur Verfassungsklage ausschöpfen“, kündigt Filges an.

Kameras haben „in Praxen nichts zu suchen“

Widerstand gegen die Innenbehörde hält auch der Präsident der Hamburger Ärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, für unbedingt notwendig: „Der Gesetzentwurf bedeutet einen Bruch des Arzt-Patienten-Verhältnisses.“ Den Kompromiss beim Großen Lauschangriff vor Jahren habe man noch „mit Zähneknirschen“ akzeptiert. Jetzt werde eine Grenze überschritten: „Was Arzt und Patienten in der Diagnose oder Behandlungssituation besprechen, darf niemand anderen etwas angehen“, sagt Montgomery: „Wanzen und Kameras haben in Arzt-Praxen nichts zu suchen.“

Freie Religionsausübung „steht auf dem Spiel“

„Wir sind nicht gegen Terrorismusbekämpfung, wir wollen aber keine totale Überwachung“: Auch Elisabeth Chowaniec und Peter Laschinski als VertreterInnen der beiden großen christlichen Kirchen gehören zu der Allianz. „Gegen einen Eingriff in das Beichtgeheimnis haben Geistliche gegen Diktaturen aus allen Richtungen Widerstand geleistet,“ sagt Laschinski, Beauftragter der katholischen Kirche bei Senat und Bürgerschaft. Für seine evangelische Kollegin Chowaniec steht das Recht auf freie Religionsausübung auf dem Spiel.

Die gelte auch für die Arbeit der kirchlichen Beratungstellen zum Beispiel für Menschen, die mit muslimischen PartnerInnen verheiratet sind. Die Seelsorgerinnen hätten zudem „täglich Kontakt zu unseren muslimischen Nachbarn“ – wie das „künftig noch vertraulich möglich sein“ solle, stehe in den Sternen.

Investigative Recherche „künftig unmöglich“

Für die stellvertretende ver.di-Landeschefin Ulrike Fürniß geht es jetzt darum, CDU-Bürgermeister Ole von Beust, „der immerhin jahrelang im Rundfunkrat des NDR gesessen hat“, in die Verantwortung zu nehmen. „Man fragt sich schließlich: Wer fällt diesem Schill in den Arm?“ Endter sieht gar den Medienstandort Hamburg gefährdet. Wer nicht mehr auf der Grundlage der Vertraulichkeit investigativ recherchieren kann, überlege sich, ob Hamburg noch die richtige Wahl für sein Medienunternehmen sei. Von daher, so Fürniß, sei es „eine Katastrophe, dass so ein Vorschlag ausgerechnet aus der Medienstadt Hamburg kommt“.

Die Verbände haben allen Bürgerschaftsabgeordneten einen Brief geschrieben, in der diese zur Ablehnung des Gesetzentwurfs aufgefordert werden. Ob Ex-Richter Schill und sein Staatsrat und Ex-Anwalt Walter Wellinghausen sich davon beeindrucken lassen, wissen die Beteiligten zwar nicht, aber Montgomery sagt: „Ich glaube immer noch an die Rationalität von Politik.“

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