: Der Westerhever Besen
Die Ausstellung „Leuchtturm – modell + design“ im Altonaer Museum will Schluss machen mit maritimem Kitsch und stattdessen „dem Spaß an der Form frönen“. Das gelingt aber nur halb
von PETRA SCHELLEN
Weg mit dem Bildungsbürgerballast! Tabula rasa wollten die Kuratoren der Ausstellung „Leuchtturm – modell + design“ im Altonaer Museum machen. Schluss mit dem maritimen Kitsch, auf dass der Leuchtturm auf sein eigentliches Wesen zurückgeführt werde. „Wir wollen im Museum endlich mal lachen dürfen. Wir wollen uns hier weder mit Architektur noch Navigation befassen, sondern frönen einfach dem Spaß an der Form“, sagt Kurator Boye Mayer-Friese, der die Museumsabteilung Schiffahrt und Fischerei leitet und die Ausstellung mit dem Institut für Darstellung und Gestaltung der TU Berlin konzipierte. Hochfreche Design-Versuche hatte er prophezeit – allein der Besucher findet sie nicht.
Hilflos irrt er durch die kleine Schau, die sich eben doch nicht entschieden hat, was sie eigentlich demonstrieren will. Wohl wurden, Triptychon-gleich, weiße Leuchtturm-Modelle in schwarze Vitrinen gestellt, konstruktivistisch komponiert, als habe man auf Malewitsch und Tatlin geschielt. Und in der Tat, man fängt an, genauer hinzusehen, jeder farblichen Ablenkung beraubt. Allerdings – ganz heimlich haben sich dann doch Jahreszahlen und Ortsnamen an die Füße der Exponate geschlichen, allen anders lautenden Bekenntnissen zum Trotz.
Oder hat die Macher der Gedanke gepeinigt, ihre kostbaren Türme könnten, zuschauerseits, gar wilden Ratespielen anheim gegeben sein? „Dies ist ein Zugeständnis an die Betrachter“, räumt Mayer-Friese ein. „Eine kleine Inkonsequenz, zugegeben.“ Als solche muss wohl auch das Magnetteil-Leuchtturm-Puzzle betrachtet werden.
Und so richtig humorig wird‘s auch in der viel gerühmten Design-Vitrine nicht, die Leuchttürmchen brav zu Pfeffer-und-Salz-Fässchen zusammenstellt, wohl auch mal das Turmköpfchen vom Rumpf trennt, um Raucher-Set oder Tee-Service daraus zu schaffen. Und schließlich – der Zenit des Humors: eine leuchtturm-farbene Klobürste! Angesichts des Ambientes wohl schon der Gipfel hanseatischer Dreistigkeit, nahe der Zensur wandelnd und von Schwarz-Schills Spionen bestimmt bald aus der Vitrine entfernt.
Oder von Kultursenatorin Dana Horáková, ist dies doch eine Ent-Glänzung hanseatischen Kulturguts sondergleichen. Dafür würde ihr bestimmt der Riesenbesen gefallen, auf den der Westerhever-Leuchtturm montiert wurde. Den könnte man auch behördenintern zum großen Kehraus benutzen.
Die Ausstellung ist noch bis 19. Januar 2003 geöffnet. Di - So 10-18 Uhr
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