: Klimawandel ruiniert das Geschäft
UN-Studie: Weil Unwetter immer größere Sachwerte vernichten, sind Banken und Versicherer in ihrer Existenz bedroht – wenn sie nicht die Risiken des Klimawandels einkalkulieren. Eine Billion Dollar Schadenssumme in den letzten 15 Jahren weltweit
von BERNHARD PÖTTER
Der Klimawandel bedroht nicht nur Eisbären und Pinguine, sondern auch die internationalen Banken und Versicherungskonzerne. „Die zunehmende Häufung von schweren Klimaereignissen, die die soziale Stabilität bedrohen und mit hohen sozialen Kosten verbunden sind, hat das Potenzial, Versicherer, Rückversicherer und Banken zu bedrohen – bis zur eingeschränkten Zahlungsfähigkeit und sogar bis zur Insolvenz.“ Das ist das Fazit eines Gutachtens, das das UN-Umweltprogramm Unep zusammen mit 295 internationalen Bank- und Versicherungskonzernen zur heute in Neu-Delhi beginnenden Klima-Konferenz vorgestellt hat.
Grund für die Belastung der Finanzdienstleister sind die rasant steigenden Schadenssummen durch Unwetterkatastrophen. Nach Angaben der Unep belaufen sich diese versicherten Schäden aus den letzten 15 Jahren auf eine Billion Dollar weltweit. In den nächsten zehn Jahren erwarten die Versicherer im Schnitt einen jährlichen Schaden von 150 Milliarden Dollar, wenn der Trend anhält.
Und davon gehen die Meteorologen und Finanzkonzerne aus. Die Unep erinnert an Katastrophen mit Bezug zum Klimawandel allein aus diesem Jahr: Die Fluten in Ostdeutschland, das Ausbleiben des Monsun-Regens in Asien, die Waldbrände im Westen der USA, die Aussicht auf ein neues El-Niño-Phänomen im Pazifik. „Für mich ist der Klimawandel eine Realität“, sagt etwa Thomas Loster von der Münchner Rückversicherung. Allerdings stehe noch nicht das Klima selbst im Vordergrund, sondern die Siedlungspolitik – etwa in gefährdeten Gebieten wie Flußauen.
Das Problem für die Banken und Versicherungen: Klimawandel gilt erst langsam als ein Risiko, das man in Prämien und Kreditverträge einarbeiten muss. Die Studie mahnt die Verantwortlichen, mit Blick auf den eigenen Vorteil besser darauf zu achten, ob die Prämien etwa für Häuser am Fluss angemessen sind. Fondsmanager sollten bei ihren Investments in Aktien nach mehr Informationen über die Anfälligkeit der Firmen für den Klimawandel fragen und auch in Betracht ziehen, dass etwa Energiekonzerne durch Klagen oder Imageschädigung an Wert verlieren könnten. „Wer erfolgreich arbeiten will, muss den Klimawandel in seine Kalkulationen einbeziehen“, sagt Loster.
Mit der Finanzindustrie, die weltweit mehr als 26 Billionen Dollar Anlagevermögen verwaltet, hofft die Unep auf einen mächtigen Verbündeten beim Kampf ums Klima. Unep-Chef Klaus Töpfer bezeichnete den Bericht seiner Behörde letzte Woche bei der Treibhausgas-Konferenz des Schweizer Rückversicherers Swiss Re als ein „Aufweck-Signal für die Risiken des Wandels“. Doch es gebe beim Klimaschutz auch Chancen, so Töpfer: Die Unep schätzt den Wert eines globalen Marktes für den Emissionshandel im Jahr 2012 auf zwei Billionen Dollar. Im nächsten Jahr soll in Chicago die erste Börse für den Emissionshandel entstehen.
Doch die Sorgen der Banken und Versicherer beziehen sich nur auf den Teil der Welt, der sich Versicherungen überhaupt leisten kann. 1998 richteten Hurricane Mitch in Mittelamerika und die Überflutung des Yangtse in China insgesamt 35 Milliarden Dollar an Schaden an. Versichert war kaum etwas davon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen