: Der einsame Kran
Hoffnung für das Hafenmuseum? SPD und Grüne wollen das Projekt noch nicht beerdigen. Und Investor Hübotter will es notfalls privat betreiben
Zunächst mal gibt es Lob. Das Vorhaben des Focke-Museums, im Speicher XI ein Hafenmuseum einzurichten, sei ein „sehr sinnvolles, hoch anerkennenswertes“ Projekt, sagt Kultursenator Kuno Böse. Und Volker Heller, Chef der scharf rechnenden „Kulturmanagement Bremen“ (kmb) bekräftigt: „Es ist eine unglaubliche Leistung von Herrn Christiansen, dass er so viele private Mittel dafür zusammen bekommen hat.“
Doch der derart gerühmte Direktor des Bremer Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte („Focke-Museum“) ist dieser Tage gar nicht glücklich. Schließlich haben Kultursenator und kmb-Chef sein Konzept eines Hafenmuseums unterm Strich als nicht finanzierbar abgelehnt – eine Einschätzung, die sich der Stiftungsrat des Focke-Museums mehrheitlich zu eigen gemacht hat (siehe taz vom 17. und 19. Oktober). Angesichts der insgesamt unterfinanzierten Kulturlandschaft könne er sich kein weiteres finanzielles Risiko erlauben, betont der Senator – wo Kultur doch sowieso schon immer mit dem Vorurteil zu kämpfen habe, dass dort nicht richtig gerechnet würde.
Die in der Tat beklagenswerte finanzielle Situation des Focke-Museums wurde so zum stärksten Argument gegen das Hafenmuseum. Denn wenn man dessen Betriebskosten mit dem ungedeckten Bedarf des Haupthauses von jährlich 300 bis 400.000 Euro zusammen rechnet, ergibt sich laut kmb ein „jährliches Gesamtrisiko von 550 bis 650.000 Euro“. Angesichts des Bremer Kulturetats von 68 Millionen Euro keine horrende Summe, aber der kmb-Chef betont: „Eine zusätzliche Realisierung des Hafenmuseums gefährdet die wirtschaftliche Stabilität der Stiftung“ – was natürlich die Frage aufwirft, was getan wird, um offenbar die auch ohne Hafenmuseum offenbar gefährdete Stabilität des Focke-Museums zu gewährleisten.
Böse betont, dem Hafenmuseum „wiederholt eine Chance gegeben“ zu haben – und fügt hinzu: „Ich hätte auch alleine entscheiden können“. Was auf das gleiche Ergebnis hinaus gelaufen wäre: Im Stiftungsrat, dessen Vorsitzender Böse ist, fiel die Entscheidung mit drei zu einer Stimme gegen das Hafenmuseum, aus der Kulturdeputation vermeldete Böse „einstimmige Zustimmung“ zu seiner Position. Die allerdings wird dadurch etwas relativiert, dass nur ein Oppositionsvertreter anwesend war – und der betont: „Ich habe die Angelegenheit lediglich zur Kenntnis genommen“.
In der Eile des Verfahrens fühlen sich viele unzulänglich informiert. Die Argumente der kmb sehen so aus: Für einen kontinuierlichen Betrieb mit den angepeilten 20.000 BesucherInnen im Jahr seien die Personalmittel zu niedrig angesetzt. Zum zweiten sei kein Geld für Wiederbeschaffungen vorgesehen. Angesichts der geplanten, über eine Million Euro teuren Einrichtung (finanziert vor allem aus Mitteln der „Stiftung Wohnliche Stadt“) würden dafür jedoch rund 150.000 Euro im Jahr anfallen. Insgesamt kommt die kmb auf einen Bedarf von rund 250.000 Euro im Jahr.
Doch nicht nur vom Focke-Museum selbst werden die Kosten viel niedriger angesetzt: Klaus Hübotter, der Besitzer der Immobilie, hat ausgerechnet, dass es schon mit 125.000 Euro pro Jahr möglich sei, ein das Museum zu betreiben. Der Bauunternehmer hat privat bereits rund 50.000 Eurofür das Projekt ausgegeben, unter anderem für den historischen Verladekran vor dem Speicher – ganz abgesehen von seinem Mietverzicht für die ersten 15 Jahre. Schließlich soll das Hafenmuseum zum „Kernstück“ eines Kulturforums werden, für auch das Rundfunkmuseum, das Bremer Design-Zentrum (derzeit im Wagenfeld-Haus), das entstehende Baukulturzentrum und das Klaus-Kuhnke-Archiv für populäre Musik eingeplant sind.
Angesichts der negativen Entscheidung des Stiftungsrates ist Hübotter nun sogar bereit, selbst die Betriebskosten des Hafenmuseums zu übernehmen. In der Hamburger Speicherstadt funktioniere ein solches Modell hervorragend. Bestärkt fühlt sich Hübotter nicht zuletzt durch das Bremer Wirtschaftsressort, dass das gesamte Kulturforum mit gut 2,1 Millionen Euro unterstützt.
Auch aus der Politik kommen jetzt Signale, das Projekt nicht zu früh zu den Akten zu legen. Carmen Emigholz (SPD) und Helga Trüpel (Grüne) bestehen auf einer „nochmaligen ernsthaften Prüfung“ bei der nächsten Sitzung der Kulturdeputation im November. Dann sollen Focke-Museum und kmb ihre gegensätzlichen Rechenmodelle auf den Tisch legen. Trüpel: „Ich habe großes Interesse an der Realisierung des Hafenmuseums. Es ist ein sehr wünschenswerter Bestandteil der bunten Mischung, die wir zur Entwicklung des Hafengebietes dringend brauchen.“ Henning Bleyl
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