: Geiseln droht Hinrichtung
Moskauer Geiselnehmer stellen Ultimatum: Sofortiger Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien oder Hinrichtung der Gefangenen. Geiseln warnen, das Gebäude zu stürmen
MOSKAU dpa/afp ■ Das Geiseldrama von Moskau hat sich am Freitag dramatisch verschärft: Die tschetschenischen Geiselnehmer haben damit gedroht, ihre Opfer hinzurichten, falls die russische Regierung nicht mit dem sofortigen Abzug ihrer Truppen aus der Kaukasusrepublik beginnt.
Nach Angaben der Polizeieinsatzleitung haben die tschetschenischen Rebellen der russischen Führung ein Ultimatum bis zum Samstagmorgen gesetzt. „Die Frist läuft im Morgengrauen ab, danach beginnen die Erschießungen.“ So zitierte der Direktor des Musicaltheaters einen gefangenen Mitarbeiter, der telefonisch mit ihm Kontakt aufgenommen hatte. Der Mitarbeiter befindet sich seit Mittwoch zusammen mit rund 700 Menschen in der Gewalt der rund 50 Geiselnehmer in dem Moskauer Theater „Nord-Ost“.
Kurz zuvor hatte der Leiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB die Tschetschenen zur Freilassung aller Geiseln aufgefordert. In diesem Fall könne „das Leben [der Geiselnehmer] garantiert werden“, berichtete die Agentur ITAR-TASS. Bis Freitagnachmittag kamen weitere 15 Geiseln frei, darunter auch 8 Kinder, doch für die große Mehrheit der Gefangenen blieb die Lage dramatisch. Der Anführer der Geiselnehmer, Mowsar Barajew, ließ am Freitagmorgen mehrfach Termine zur Freilassung der etwa 75 Ausländer verstreichen.
Die russischen Behörden halten den im Untergrund lebenden tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow für den Drahtzieher des Terrorakts. Versuche, mit Maschadow Kontakt aufzunehmen, um das Leben der Geiseln zu retten, seien aber bislang gescheitert.
Das russische Presseministerium hat gestern den kleinen privaten Fernsehsender „Moskowija“ wegen seiner Berichterstattung über das Geiseldrama in Moskau geschlossen. Als Grund wurden „grobe Verstöße gegen die Gesetzgebung zum Kampf gegen den Terrorismus“ angeführt, so die Agentur Interfax.
Aus den Reihen der Geiseln wurde am Freitagmittag in einem über Mobiltelefone übermittelten Appell an die Öffentlichkeit eindringlich vor einer Erstürmung des Gebäudes durch die Polizei gewarnt. „Im Saal halten ständig 15 Rebellen mit Sprengsätzen am Körper Wache“, hieß es. Nach der zweiten Nacht in Geiselhaft herrschten in dem Saal katastrophale Zustände. Die Geiseln mussten ihre Notdurft über dem Orchestergraben verrichten. Die erschöpften Menschen durften den Saal nicht verlassen, Bewaffnete blockierten die Ausgänge.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben die Geiselnahme in Moskau als „feigen Akt des Terrorismus“ verurteilt.
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