piwik no script img

Frauen bauen

Bauberufe stehen Frauen noch nicht lange offen. Bis 1994 war in der Bundesrepublik ein nationalsozialistisches Gesetz aus dem Jahr 1938 in Kraft, das Frauen die Arbeit auf dem Bau verbot. In einer Ausführungsverordnung zum Paragraph 16 der Arbeitsverordnung hieß es bis dahin: Frauen dürfen „bei Bauten aller Art nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten beschäftigt werden“. Ausnahmeregelungen gab es nur für Frauen, die im Rahmen einer Ausbildung zur Bauzeichnerin oder für ein Studium an einer technischen Hochschule ein Praktikum nachweisen mussten.

Dabei hat Frauenarbeit auf Baustellen durchaus Tradition. Bereits im 19. Jahrhundert gab es Frauen, die durch solche Arbeit das schmale Familienbudget aufstockten. Allerdings verrichteten sie als Handlangerinnen, Mörtel- und Steinträgerinnen in erster Linie unqualifizierte, sehr schwere und miserabel bezahlte Arbeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmten Trümmerfrauen das Bild auf Deutschlands Ruinenfeldern. Im Mai 1946 gab es in Berlin 44.145 Bauhilfsarbeiterinnen, ihr Anteil lag damit über fünfzig Prozent. In der DDR wurde das Naziarbeitsverbot für Frauen nicht übernommen. Im Osten bot man Trümmerfrauen Umschulungen an: Aus ungelernten Hilfsarbeiterinnen sollten Maurerinnen und Zimmerinnen werden.

Doch die Zahl der Frauen, die tatsächlich langfristig als gelernte Bauhandwerkerinnen arbeiteten, blieb auch in der DDR gering. 1989 lag ihr Anteil nach einer Statistik der Bundesanstalt für Arbeit bei den Maurern, Zimmerern, Dachdeckern und Fliesenlegern genau wie in der Bundesrepublik bei unter einem Prozent.

Trotz Berufsverbot gab es auch in der Bundesrepublik immer Frauen, die ihren Traumjob erlernten und ausübten. Gerade Anfang der Neunzigerjahre profitierten Frauen von dem Boom in der Baubranche. Der Berliner Qualifizierungsträger Combo Bau schulte zeitweise genauso viele Frauen wie Männer zu Bauhandwerkern um. Doch in der gegenwärtigen Rezession finanziert das Arbeitsamt Frauen in der Regel keine Bauweiterbildung mehr. Die Chancen auf eine anschließende Vermittlung werden als zu gering eingeschätzt.

10.088 Frauen waren nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 2000 als Tischlerinnen beschäftigt (3,8 Prozent aller Tischler). Es folgen die Malerinnen (8.812; 4,3 Prozent) die Maurerinnen (1.758; 0,5 Prozent) und die Zimmererinnen (1.624; 1,8 Prozent). Wesentlich höher liegt der Anteil am oberen wie am unteren Ende der Berufshierarchie. Unter den Bauhilfsarbeitern beträgt der Frauenanteil 5,4 Prozent (12.678 Frauen), bei den Bauingenieuren und Architekten liegt er sogar bei rund zwanzig Prozent (28.453).

In den Bauhandwerksberufen können Frauen deutlich mehr Geld verdienen als in vielen typischen Frauenberufen. Ein Maurer verdient nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung von 1996 knapp doppelt so viel wie eine Floristin und immer noch dreizehn Prozent mehr als eine Bankkauffrau.

Eine eigene gewerkschaftliche Sektion für Bauhandwerkerinnen gibt es bei der IG Bau nicht. Tipps und Anregungen erhalten Frauen, die sich für einen Bauhandwerksberuf interessieren, aber etwa beim Verein Baufachfrau e. V., der seinen Hauptsitz in Lüdinghausen hat (www.baufachfrau.de). KATHARINA SCHULER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen