nazi-pöbelei: Und die Polizei hört nichts
Alexander Brenner ist ein Ehrenmann – und schlechte Ohren hat er auch nicht: Wenn der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde sagt, er sei bei einer kurzen Ansprache anlässlich der Umbennung der Spandauer Kinkelstraße in Jüdenstraße aufs übelste antisemitisch angepöbelt worden, dann ist es mehr als unwahrscheinlich, dass diese Pöbelei nicht stattgefunden hat, wie manche Gegner der Umbennung andeuten. Nein, es gab ganz offensichtlich diese judenfeindlichen Ausbrüche.
Kommenter von PHILIPP GESSLER
Und völlig zu Recht ist nicht nur Brenner, sondern nun auch Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, darüber entsetzt. Wie sie stellen Antisemitismus-Forscher nunmehr fast alle zwei Wochen fest, dass die Hemmschwellen für antisemitische Hetze in der Öffentlichkeit verschwunden sind. Es darf in Deutschland wieder gegoebbelt werden.
Antisemitismus gab es in der Bundesrepublik natürlich schon vorher – spätestens nach der Möllemann-Affäre aber glauben die Hetzer jedoch, ihn auch ungestraft öffentlich verbalisieren zu können. Und hier liegt, neben einer weiteren Verrohung im Umgang miteinander, das zusätzlich Beschämende des Vorfalls: Die Spandauer Polizisten, angeblich um die 20 an der Zahl, wollten offenbar nichts hören – oder hielten die Ausbrüche für so normal, dass sie glaubten, dagegen nicht vorgehen zu müssen.
Neben einer Anzeige gegen unbekannt, um der antisemitischen Hetzer habhaft zu werden, ist deshalb eine Überprüfung dieser Polizisten nötig. Auch wenn es schon abgedroschen ist: Antisemitismus ist keine Meinung, er ist ein Verbrechen.
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