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Schwarz-gelbes Pfeifen im dunklen Walde

Die „Affäre Möllemann“ schmälert die Erfolgsaussichten der FDP in Hessen. Die CDU bangt um ihren Koalitionspartner

FRANKFURT/MAIN taz ■ Die Sache war eigentlich schon in trockenen Tüchern. Die Union werde die Hessenwahl am 2. Februar zusammen mit der FDP gewinnen. Und Roland Koch Ministerpräsident bleiben. Daran jedenfalls glaubten bis vor kurzem nicht nur die beiden Regierungsparteien ganz fest. Auch einige Sozialdemokraten und Grüne sprachen hinter vorgehaltener Hand davon, dass Koch wohl den Sieg davontragen werde. Zu unbekannt sei Herausforderer Gerhard Bökel von der SPD noch immer, hieß es. Und zu geschlossen trete der „Regierungsblock“ auf.

Das war – vor drei Wochen. Heute äußern plötzlich einige Christdemokraten im Landtag auch hinter vorgehaltener Hand die Befürchtung, dass es im Februar vielleicht doch nicht klappen könnte mit der Fortsetzung der Regierungskoalition. In der CDU geht die Angst um, dass ihr Koalitionspartner unter die Fünfprozenthürde rutscht und damit abhanden kommt. Denn ein Ende der nur noch von der FDP so genannten „Affäre Möllemann“ zeichnet sich immer noch nicht ab. Und sollten im tiefen gelben Skandalsumpf bis zum Wahltag noch weitere Moorleichen auftauchen, dürfte auch die resolute Vorsitzende der hessischen FDP, Ruth Wagner (62), bald vollständig die Contenance verlieren. Schon als es die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel letzte Woche mit bangem Blick auf die Wahlen in Hessen und Niedersachsen wagte, die FDP öffentlich zur baldigen Erledigung der „leidigen Angelegenheit“ zu drängen, giftete Wagner zurück, dass sie sich jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten ihrer Partei verbiete.

Die hessische CDU stärkt dem kleinen Koalitionspartner nun demonstrativ den Rücken. Die FDP komme „bombensicher“ in den Landtag, prophezeite Koch gestern. Man habe „überhaupt keine Angst“ davor, dass die FDP aus dem Landtag fliegen könnte, beteuert auch CDU-Sprecher Michael Brand. Denn in Hessen habe die Partei doch schon immer in Opposition zu Möllemann und auch zum „Projekt 18“ gestanden und mit ihrer Koalitionsaussage zugunsten der CDU rechtzeitig für „klare Verhältnisse“ gesorgt. Zudem habe die FDP in Hessen mit Ruth Wagner an der Spitze in der Regierungskoalition „Profil dazugewonnen“. Doch irgendwie klingen die öffentlichen Stellungnahmen wie das berühmte Pfeifen im ganz finsteren Wald. Eng wird es auf jeden Fall. Schließlich war die FDP schon 1999 nur ganz knapp mit 5,1 Prozent in den Landtag eingezogen. Und da gab es noch keine „Affäre Möllemann“. Ruth Wagner weiß das. Gebetsmühlenartig weist sie deshalb darauf hin, dass die hessische FDP in der „Tradition der Paulskirche“ stehe und ihr die antisemitischen Ausfälle von Möllemann auch ganz persönlich sauer aufgestoßen seien. Die Grünen warfen ihr jetzt „Doppelzüngigkeit“ vor. Nur aus Machterhaltungsgründen sei sie plötzlich für den Austritt Möllemanns aus der FDP; so wie sie vor drei Jahren nur aus Machterhaltungsgründen Roland Koch „jeden Betrug und jede Lüge“ habe durchgehen lassen. „Das ist so unflätig, dass ich nicht darauf reagieren werde“, schimpfte Wagner zurück.

Von der Frankfurter FDP kam jetzt die ultimative Forderung an die Parteispitze in Berlin, „bis Ende November, spätestens bis Weihnachten“ alles aufzuklären. Denn sollte sich die Affäre noch ausweiten, so die wahlkämpfenden Liberalen in Frankfurt, werde es im Februar „wirklich elend“.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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