: Schlick zu Schlick, TBT zu TBT
Altlasten unter Wasser „einkapseln“ ist die Devise: Die Umweltsenatorin will Giftschlick im Hafenbecken versenken. „Besser, als ihn in die Weser zu kippen“, sagen UmweltschützerInnen
Noch stecken die Segelboote im Tributylzinn (TBT)-vergifteten Grohner Hafenschlick fest. Eine Entsorgungslösung für das drei Meter dicke Problem ist jetzt in Sicht. „Das Ökologischste wäre, wenn das Zeug gar nicht da wäre“, sagt Martin Rode vom Bremer Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zu der Altlast.
Gestern hat Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) einen Plan vorgelegt, wie sie mit dem Schlamm verfahren will: 40.000 Tonnen des „gering“ (bis zu 600 Mikrogramm) mit TBT belasteten Schlicks sollen in das Europahafenbecken im Freihafen gebracht werden. Da die Überseestadt GmbH aktuell plant, die Sohle dieses Hafenbeckens auf einer Länge von einem Kilometer und einer Breite von 100 Metern um etwa vier Meter anzuheben, kann der Schlick dort als Füllmasse „recycelt“ werden, Kostenpunkt: 1,1 Millionen Euro. Das ist genauso teuer wie die verworfene Lösung, den Schlamm in der Weser zu verklappen.
Geplant ist, in dem Hafenbecken einen etwa vier Meter hohen Damm zu ziehen, um das Hafenwasser strömungsärmer zu machen. Anschließend soll der Giftschlick in das Becken versenkt werden. Wenn sich die Schwebteilchen gesetzt haben, sieht der Plan für die TBT-haltige Hafensohle einen „Deckel“ aus Sand oder anderem schweren Material vor, so dass der giftige Schlamm„eingekapselt“ dort liegen bleibt.
Michael Schirmer, Biologe an der Uni Bremen, hat keine ökologischen Einwände gegen diese Methode. Ein Nachteil sei, dass der Schlick am Hafenboden unter den gegebenen Bedingungen unverändert „an die Folgegenerationen weitergegeben“ werde, sagte Schirmer. Grundsätzlich sei TBT biologisch abbaubar.
Dennoch scheint das Umweltressort mit der „Einkapselungsmethode“ eine passable Lösung gefunden zu haben. Martin Rode vom BUND nannte sie „einen großen Fortschritt“ im Umgang mit TBT-belastetem Material. Er gab allerdings zu bedenken, ob wirklich sicher sei, dass der „Schlickkörper im Hafenbecken unberührt“ bleibe, etwa bei späteren Baggerarbeiten. Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Karin Mathes sagte: „Das ist auf jeden Fall besser, als die Verklappung in der Weser.“ Ökologisch sei das Verfahren nicht zu nennen, es sei nur „weniger bedenklich“. Mathes erinnerte daran, dass die Küstenländer den Grenzwert für „geringe“ Belastung erst im Jahr 2001 auf 600 Mikrogramm hochgesetzt hatten. Zuvor lag er bei 100 Mikrogramm. Mathes verlangte vom Umweltressort, freiwillig den niedrigeren Grenzwert einzuhalten, wie es damals der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) zugesagt habe.
Noch vor anderthalb Wochen wollte das zuständige Sportressort den Dreck dem Bremer Umland regelrecht vor die Füße, sprich: in die Weser kippen. Die Städte Berne und Elsfleth sahen sich schon zum Bremer TBT-Klo werden und baten die niedersächsische Landesregierung um Hilfe. Der Berner Bürgermeister Bernd Bremermann hatte mit rechtlichen Schritten gedroht. Heute berät der Bremer Senat den Lösungsvorschlag. ube
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