Ausfallerscheinung

Dem Land fehlt nach der Steuerschätzung eine weitere Milliarde. Sarrazin kündigt Klage für Februar 2003 an

Die ohnehin angespannte Haushaltslage Berlins verschärft sich weiter. In diesem und im nächsten Jahr verliert das Land bei Steuern und Länderfinanzausgleich insgesamt über 1 Milliarde Euro. So äußerte sich Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Er berief sich dabei auf die jüngste Steuerschätzung des Bundes und der Länder. Für 2002 bezifferte der Senator die Ausfälle auf 600 bis 700 Millionen Euro, für 2003 auf rund 300 Millionen. Konkrete Zahlen will die Finanzverwaltung erst heute nennen.

Ursprünglich hatte der Senat für beide Jahre mit Steuermindereinnahmen von insgesamt 600 Millionen Euro gerechnet. Die Konsolidierung des Haushalts rückt damit weit weg. Laut Planung sollten die Ausgaben bis 2006 um rund 2,7 Milliarden gesenkt und so den Einnahmen angepasst werden. Jetzt steht die SPD-PDS-Koalition vor der Aufgabe, zusätzlich offenbar eine weitere Milliarde Euro einzusparen. Denn aktuell klafft bereits ein Milliardenloch, da neben den Steuerverlusten zum Beispiel auch höhere Sozialausgaben zu Buche schlagen. Sarrazin verwies darauf, dass man 1999 noch mit 13 Milliarden Euro Einnahmen aus Steuern und Länderfinanzausgleich für Berlin im Jahr 2003 gerechnet habe. Nun seien es nur noch 11,3 Milliarden. Da die Schätzungen zu optimistisch gewesen seien, habe man bei den Ausgaben zu wenig gespart.

Angesichts des Berliner Schuldenbergs, der voraussichtlich bis 2006 von derzeit 46 auf 58 Milliarden steigt, drängt Sarrazin auf eine schnelle Verfassungsklage. Noch im November werde es mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ein weiteres Gespräch über Bundeshilfen zur Entschuldung geben. Da Berlin von einem Misserfolg ausgehe, werde voraussichtlich im Februar 2003 die Verfassungsklage in Karlsruhe eingereicht. DDP, TAZ

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