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Guter Käse ist groß im Kommen

Die Deutschen machen in Europa Platz drei beim Käseverbrauch – hinter Franzosen und Griechen. 21,6 Kilo werden hierzulande im Durchschnitt pro Jahr verspeist. Doch es geht nicht nur um die Masse: Auch Spezialitäten sind zunehmend gefragt

von VOLKER ENGELS

Ob beim Frühstuck, mittags oder beim abendlichen Weingelage: Käse wird in Deutschland immer beliebter. Auch in der Europäischen Union steuert der Käsekonsum alljährlich neue Höchstmarken an, meldet die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP): Im vergangenen Jahr ist der Pro-Kopf-Verbrauch in den 15 Ländern gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein halbes Kilo auf knapp 19 Kilo gestiegen. Spitzenreiter beim Verbrauch sind die Franzosen und die Griechen. Auf Platz drei folgen die Deutschen, die durchschnittlich 21,6 Kilo verspeisten.

Eine Ursache für den gestiegenen Konsum sieht Monika Wolfarth, Referentin für Milch- und Milchprodukte bei der ZMP, neben der BSR-Krise im „Wandel der Ernährungsgewohnheiten“ der Bevölkerung. Es gebe einen „deutlichen Trend zur mediterranen Küche“, die nun mal vom Käse lebt. Pasta, Pizza und Aufläufe sind ohne das vergorene Milchprodukt nur schlecht vorstellbar.

Besonders Mozzarella hat sich in den letzten Jahren „zu einem regelrechten Trendprodukt entwickelt“, sagt Monika Wolfarth. Auch die Ebbe im Portemonnaie vieler Verbraucher dürfte zum Käseboom beigetragen haben: Käse ist häufig preiswerter und hält sich länger frisch im Kühlschrank als Wurstprodukte. Abgesehen davon muss kein Schwein, Rindvieh oder Flügeltier sein Leben lassen, um als Schinkenmettwurst hinter der Auslage einer Fleischtheke ein eher unrühmliches Ende zu finden.

Den Trend zum Käse betätigt auch Claudia Mehrl von Butter Lindner: „Der Käseverkauf war lange deutlich rückläufig – das hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert.“ In den 45 Berliner Verkaufsstellen vertreibt die Delikatess-Kette Butter Lindner ein Sortiment von bis zu 200 Käsesorten.

Besonders das breite Angebot an Käse, das auch Spezialitäten aus aller Herren Länder enthält, sei für Kunden von Interesse, glaubt die Marketingchefin des Familienbetriebes: „Viele Supermärkte setzen auf ein abgepacktes Selbstbedienungssortiment und vernachlässigen kleine, aber feine Käsespezialitäten aus kleinen Käsereien.“

Zudem hätten sich die Essgewohnheiten der Bevölkerung deutlich gewandelt: Während es früher den klassischen Dreiklang von Frühstück, Mittagessen und Abendbrot gegeben habe, würden heute „viele Kleinigkeiten“ über den Tag verteilt verspeist. „Das gibt dem Käse eine Chance“, schlussfolgert Claudia Mehrl.

Abgesehen von Backwaren, Fleischspezialitäten und frischem Fisch lebt die Lebensmittelabteilung der Galeries Lafayette auf der Friedrichstraße vor allem von einem breiten Angebot an französischem Käse. In diesem Jahr stagniert der Verkauf – jedoch auf einem hohen Niveau. Denn in den vergangenen beiden Jahren habe es einen „stetigen Anstieg“ gegeben, weil „die Beliebtheit französischen Käses gewachsen ist“, weiß der Chef der Käseabteilung, Patrick Valiente, zu berichten.

Zurzeit würden besonders Ziegenkäse und Schafskäse nachgefragt, der wie das komplette Sortiment als Bauernkäse ausschließlich aus kleinen Käsereien komme. Einen weiteren Unterschied zu dem oft lieblos verpackten Nullachtfünfzehn-Käse vieler Supermärkte sieht Valiente darin, dass nur Rohmilchkäse verkauft werde. Dieser sei meistens würziger und schmackhafter. „Das macht den Unterschied aus“, glaubt der Chef der Käseabteilung.

In der Nähe des Brandenburger Tors bietet das Restaurant „Margaux“ Liebhabern der französischen Küche, die das nötige Kleingeld haben, eine ausgefeilte Speisekarte. „Käse ist ein fester Bestandteil unserer Menüs“, sagt Küchenchef Michael Hoffmann, der ein „großes Interesse“ der Kundschaft konstatiert.

Für die Qualität des Käses sei entscheidend, dass man wisse, „wo der Käse herkommt“. Den Reifegrad, der elementar für den Geschmack sei, könne der Kenner mittels einer „Druckprobe“ abschätzen, die Auskunft darüber gibt, ob der Käse bis ins tiefste Innere ausgereift ist.

Gelagert wird das Milchprodukt im „Margaux“ bei acht bis zehn Grad. Die richtige Temperatur alleine reicht allerdings nicht aus: „Wir wenden und drehen den Käse regelmäßig und pinseln ihn mit Wein oder Wasser ein“, erklärt Hoffmann. Anspruchsvolle Nahrungsmittel wollen eben, dass man sich um sie kümmert.

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