Ethisch nicht akzeptabel

Transparency International: Geschäftsprinzipien gegen die Korruption. Illegale Vorteilsgewährung ist auch als Ausschlusskriterium für Ethik-Fonds wichtig. Deutschland erreicht weltweit nur Platz 18

von DAGMAR HESSE

„Bestechung und Korruption unterminieren und zerstören das Ansehen von Firmen, verprellen Kunden und gefährden Aufträge – finanzielle Verluste auch für Aktionäre sind die Folge“, sagt Jana Kotalik, Sprecherin der 1993 von Menschen aus den USA, Neuseeland, Großbritannien, Deutschland und Bangladesch gegründeten Organisation Transparency International (TI). Der Selbstbeschreibung zufolge handelt es sich um eine unabhängige gemeinnützige Nichtregierungs-organisation, die weltweit gegen Bestechung, Vorteilsgewährung und Geldwäsche kämpft. TI richte seine Aufmerksamkeit auf alle Bereiche der Gesellschaft, auf Behörden, Politik und Wirtschaft, heißt es.

Zum Jahresende will Transparency „Geschäftsprinzipien gegen Korruption“ veröffentlichen. Sie sollen ein Muster sein, das die Unternehmen zu Veränderungen im Geschäftsverhalten („corporate behaviour“) ermutigt und damit Aktienvermögen schützt. Transparency habe die Prinzipien in drei Firmen getestet, deren Namen Kotalik jedoch nicht nennen will. Unternehmen sollen die Prinzipien entweder als Vergleichsmaßstab für bestehende Antikorruptionsregeln oder direkt als Leitlinie für ihre Geschäftspraxis nutzen. Mit ihrer Hilfe ließen sich Regeln gegen die Korruption verbessern oder überhaupt erst einführen. In den nächsten anderthalb Jahren werde TI die Regeln weltweit in Workshops und Seminaren verbreiten, erklärt die Sprecherin. Man habe auch bereits Unternehmen wie Royal Dutch Shell bei der Stärkung unternehmenseigener Antikorruptionsprogramme unterstützt.

Kriterien auch für Nachhaltigkeitsfonds

Die „Geschäftsprinzipien“ könnten auch für Manager von Nachhaltigkeitsfonds und grüne Investoren von Interesse sein: Sie ergänzen bestehende Indizes und bieten einen weiteren Anhaltspunkt dafür, wem Anleger ihr Geld anvertrauen können.

TI hat einen Länderindex zur Korruption entwickelt (Corruption Perception Index, CPI), der die Intensität der Korruption in Staaten vergleicht. Der CPI führt 102 Länder auf. Der Index spiegelt auf einer Skala von 0 (gleich „äußerst korrupt“) bis 10 (gleich „nicht korrupt“) den Grad, in dem Geschäftsleute und Risikoanalysten die Korruption in der öffentlichen Verwaltung und in der Politik eines Landes wahrnehmen.

Zum dritten Mal in Folge liegen die Finnen mit einem Ergebnis von 9,7 vorn. Es folgen Dänemark und Neuseeland, die sich mit je 9,5 Platz 2 teilen. Hinter Island (Platz 4) rangieren Singapur und Schweden (beide Platz 5). Kanada belegt mit 9,0 Rang 7 gemeinsam mit Luxemburg und den Niederlanden. Kanada hat damit das schlechteste Ergebnis, seit Transparency den Index 1995 entwickelt hat. Deutschland belegt nur Platz 18. Leicht verbessert gegenüber Platz 20 im Vorjahr liegt es im unteren Drittel der europäischen Länder.

Der Bribe Payers Index bewertet, wie korrupt sich Unternehmen exportierender Staaten aus Sicht von Experten in den untersuchten Schwellenländern verhalten. Der Wert „0“ spiegelt eine hohe Bereitschaft, sich durch Bestechung Vorteile zu verschaffen, 10 eine niedrige. Australien führt mit einem Ergebnis von 8,5 die Rangliste in diesem Jahr an, Schweden und die Schweiz folgen auf Platz 2. Kanada liegt mit 8,1 Punkten auf Rang 5. Deutschland erreicht mit 6,3 Punkten Platz 9 hinter den Niederlanden, Belgien (je Platz 6) und Großbritannien (Platz 8).

Transparency überwacht auch die Umsetzung von internationalen Vereinbarungen wie der „Anti-Bestechungs-Konvention“ der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa (OECD) in nationales Recht. Bisher war es in den meisten Ländern legal, im Ausland Bestechungsgelder zu bezahlen und sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Die OECD-Konvention verbietet diese Praxis heute.

Müllabfuhr spart 17 Millionen Dollar

Die Organisation ist nach eigenen Angaben in 120 Ländern aktiv und versammelt Regierungen, Bürger und Unternehmen an einem Tisch, damit sie gemeinsam gegen Korruption vorgehen. Sie schließen einen „Integrity Pact“, der Bestechung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oder staatlicher Lizenzen sowie bei Privatisierungen verhindern soll. Kern des Paktes: Wer für einen öffentlichen Auftrag bietet, versichert, dass er keine Bestechungsgelder gezahlt hat und dies auch künftig nicht tun wird. Andernfalls folgen Strafen, die zuvor vereinbart worden sind. Der Bieter stellt sein Angebot der Öffentlichkeit vor. Erfolgreiche Beispiele, so Transparency International, gebe es in etwa 12 Ländern. In Argentinien seien zum Beispiel bei der Auftragsvergabe für die Müllabfuhr in Moron, Provinz Buenos Aires, 17 Millionen Dollar im Vergleich zum vorherigen Vertrag eingespart worden. In Karatschi, Pakistan, bei einem Wasserversorgungsprojekt etwa 3 Millionen Dollar.

Geld von Spendern und Stiftungen

Transparency finanziert seine Arbeit aus den Budgets staatlicher Entwicklungshilfeorganisationen, unter ihnen sind auch die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und der Deutsche Entwicklungsdienst. Weiteres Geld kommt von Stiftungen wie der amerikanischen Ford Foundation, von der Weltbank oder der Eeropäischen Union. 2 Prozent des Budgets machen Spenden der Wirtschaft aus – der britische Konzern Shell und die amerikanische Gesellschaft General Electric befinden sich unter den Geldgebern.

Die Konzerne Philipp Holzmann und Siemens – beide sind durch Korruptionsaffären aufgefallen – stehen auf der Spenderliste der deutschen Sektion von Transparency. Jana Kotalik sieht darin nichts Schlechtes. „Je stärker solche Firmen sich gegen Bestechung einsetzen, um so besser.“