: Technische Grenzen
Mit Gensonden weisen Lebensmittelprüfer nach, dass importierte Produkte gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten
BERLIN taz ■ Auf kommerzieller Basis werden hierzulande zwar noch keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut, Nachprüfungen ergeben jedoch regelmäßig, dass zahlreiche in den Supermärkten angebotene importierte Lebensmittel gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten. Fast jedes zehnte soja- oder maishaltige Lebensmittel, so stellte zum Beispiel das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelüberwachung (LGL) in seinem Jahresbericht 2001 fest, enthielt Substanzen gentechnischen Ursprungs.
Innerhalb von zwei Jahren untersuchten die Lebensmittelprüfer vom LGL rund 4.000 Produkte, unter anderem Brot, Backwaren, Fertiggerichte, Säuglings- und Diätnahrung. Bei 267 sojahaltigen und 176 maishaltigen Lebensmitteln wurden sie fündig. Eine Kennzeichung als Gentechnik-Produkt lag bei keinem dieser Produkte vor. Und das, obwohl einige weit mehr als ein Prozent an Gentechnik enthielten. Nach den derzeit noch gültigen Vorschriften hätten diese Produkte gekennzeichnet sein müssen.
Zu vermuten ist, dass die Dunkelziffer an Gentech-Nahrungsmitteln weitaus höher ist. Denn die amtlichen Lebensmittelprüfer – die Kontrolle ist Aufgabe der Bundesländer – haben nur ein sehr begrenztes Kontrollinstrumentarium zur Verfügung. Generell stehen zwei Methoden zur Auswahl, sie können den Nachweis über das veränderte Protein führen, das von dem neu eingefügten oder veränderten Gen gebildet wird. Oder sie weisen in dem Produkt die konkrete Genveränderung nach. Dies geschieht mit so genannten Gensonden, die die Veränderung im Erbgut aufspüren können. Dieser Genabschnitt wird dann mit der so genannten Polymerasekettenreaktion (PCR) vervielfältigt und kann dann einer Analyse unterzogen werden.
Diese Methode ist extrem empfindlich und schlägt schon an, wenn nur winzige Spuren der Genveränderung im Lebensmittel vorhanden sind. Die technische Grenze für eine Mengenbestimmung liegt derzeit bei etwa 0,1 Prozent.
Ein gravierender Nachteil bei dieser Methode ist, dass mit ihr nur nach bekannten Genveränderungen gesucht werden kann. Sind zum Beispiel in importierten Lebensmitteln Veränderungen vorhanden, die hier bei den Behörden noch gar nicht bekannt sind, kann höchstwahrscheinlich auch nichts nachgewiesen werden.
Dazu kommt, dass die Lebensmittelbehörden in der Regel nur Nachweismethoden und Gensonden einsetzen, die zuvor in einem aufwendigen und langen Evaluierungsverfahren getestet und deren Ergebnisse vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) veröffentlicht wurden. Derzeit sind das lediglich sechs Verfahren. „Eines für Soja, vier für Mais und ein so genannter Screeningtest, der ausschließen soll, dass überhaupt eine Genveränderung vorliegt“, erläutert Knut Engelbrecht vom LGL. Aber auch der Ausschlusstest gibt keine Sicherheit. Er spricht nur auf die häufig verwendeten Genkonstrukte an.
WOLFGANG LÖHR
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