: „Fuchs“ überschattet Staatsbesuch
Eigentlich sollte die Visite des israelischen Präsidenten Mosche Katsav das jüdische Leben in Deutschland würdigen. Doch jetzt wird es in den meisten Gesprächen um die Lieferung des Transportpanzers gehen, auf die Katsav trotz des Berliner Neins drängt
von RALPH BOLLMANN
Sechs Jahre nach dem Eklat war gestern der Tag der Harmonie. Zum Auftakt seines dreitägigen Besuchs in Deutschland nahm Israels Staatspräsident Mosche Katsav an der Einweihung der neuen Synagoge in Wuppertal teil – ein Zeichen der Würdigung gegenüber dem jüdischen Leben in der Bundesrepublik, von dem Amtsvorgänger Eser Weizman bei seiner Visite 1996 überhaupt nichts wissen wollte. Dessen Äußerung, alle Juden sollten in Israel leben, war damals insbesondere vom Zentralrat der Juden scharf kritisiert worden.
Katsav nahm gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen Johannes Rau an der Zeremonie in dessen nordrhein-westfälischer Heimatstadt teil. Die neu erbaute Bergische Synagoge steht genau an der Stelle, an der die „Bekennende Kirche“ den Nationalsozialisten 1934 den Kampf ansagte. In unmittelbarer Nähe befand sich die alte Barmener Synagoge. Das Grundstück stellte die evangelische Kirche der Jüdischen Gemeinde kostenlos zur Verfügung.
Weniger freundschaftlich dürfte der zweite Teil des Staatsbesuchs verlaufen, zu dem Katsav gestern Abend nach Berlin weiterflog. Schon im Vorfeld hatte Katsav die Bundesregierung gedrängt, ihr Nein zu einer Lieferung von „Fuchs“-Transportpanzern zu überdenken. Sollte Deutschland die Militärhilfe tatsächlich ablehnen, erklärte Katsav im Spiegel, dann „wären wir sehr enttäuscht“. Israel sehe das Fahrzeug „als reine Verteidigungwaffe“. Ein Einsatz in den Palästinensergebieten könne allerdings auch nicht ausgeschlossen werden. „Eine Auflage, den ‚Fuchs‘ etwa nur rund um Tel Aviv einzusetzen“, könne sein Land „nicht akzeptieren“.
Deutlich mildere Töne schlug allerdings der israelische Botschafter Shimon Stein an. Von Enttäuschung könne keine Rede sein, sagte Stein dem Berliner Tagesspiegel. „Wenn Deutschland die Transportpanzer selber braucht, dann ist das Thema vorläufig vom Tisch.“ Der Verweis auf den Eigenbedarf, den Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) geltend gemacht hatte, bezeichnete CDU-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble jedoch als „faule Ausrede“. Die Regierung wolle sich „vor einer notwendigen Entscheidung drücken“.
Unterdessen gab die Berliner Polizei die Route einer Demonstration von Rechtsextremisten bekannt, die heute am frühen Abend gegen den Besuch Katsavs demonstrieren wollen. Der Zug, der von einem ehemaligen NPD-Aktivisten angemeldet wurde, soll am Bahnhof Friedrichstraße beginnen und am Schlossplatz enden. Ein Verbot sei aus versammlungsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Zeitgleich sind zwei linke Gegenkundgebungen geplant. Ein Protesttreffen unter dem Motto „Kein Naziaufmarsch in Berlin und anderswo“ soll am Bahnhof Friedrichstraße stattfinden. In der Dorotheenstraße im Regierungsviertel soll eine Kundgebung für „Solidarität mit Israel“ stattfinden, zu der die parteilose Europaabgeordnete Ilka Schröder aufruft.
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