: Deutsche Kreditfabrik
Die Minister Clement und Eichel präsentieren die neue Mittelstandsbank. Diese soll kleine Betriebe fördern
BERLIN taz ■ Standardisierte Produkte, so eine Lehre aus der industriellen Revolution, kann man in großer Stückzahl und zu niedrigen Preisen anbieten. Diese Erfahrung machen sich die Bundesminister Hans Eichel und Wolfgang Clement (beide SPD) nun zunutze. Als „Kreditfabrik“ bezeichnete Wirtschaftsminister Clement gestern die neue Mittelstandsbank, die er zusammen mit seinem Kollegen vom Finanzressort ins Leben rufen will.
Das neue Institut soll, wenn im Gesetzgebungsverfahren alles glatt läuft, zum 1. Januar 2003 gegründet werden. Zu diesem Zweck will man die bundeseigene Deutsche Ausgleichsbank (Bonn) in die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW, Frankfurt/Main) integrieren. Die KfW gehört zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern.
Der Sinn besteht laut Eichel und Clement vor allem darin, mit dem neuen Institut die mittelständische Wirtschaft besser zu unterstützen. Gegenwärtig gibt es vielfältige Überschneidungen zwischen den Aktivitäten der KfW und denen der Ausgleichsbank, die bei kreditbedürftigen Firmen oft Verwirrung stiften. Damit soll Schluss sein: Nach der Verschmelzung werde die Mittelstandsbank eine „klares, attraktives“ Angebot aus „standardisierten Produkten“ aufweisen, so Clement.
Die Dienstleistungen richten sich nicht direkt an kleine und mittlere Firmen, sondern an deren Hausbanken. Diese können bei der Mittelstandsbank zusätzliche Kredite oder Fördermittel abrufen, um eventuelle Schwächen ihrer Kunden auszugleichen. Die Geschäftsbanken bleiben damit nicht allein auf dem Risiko sitzen, das der Kreditvergabe an Mittelständler innewohnt. Sie erhalten Unterstützung durch eine effizient arbeitende Staatsbank und sind deshalb, so die Hoffnung, eher bereit, Kredite an Unternehmen zu vergeben.
Die Gründung der Bank ist damit auch eine Reaktion auf das im Fachjargon als „Basel II“ bezeichnete internationale Abkommen der Kreditwirtschaft. Darin werden die Kreditkonditionen stärker an die Bonität der Kreditnehmer gebunden. Wegen der dünnen Eigenkapitaldecke beim Mittelstand kann es deshalb in diesen Fällen zum Beispiel zu höheren Zinsen kommen. Hier könnte die Mittelstandsbank helfend eingreifen und den Firmen via Hausbank eine Eigenkapitalhilfe zukommen lassen.
Um die Finanzierungsmöglichkeiten der neuen Bank zu steigern, habe er darauf verzichtet, einen Kaufpreis von der KfW zu verlangen, lobte Finanzminister Hans Eichel gestern das Geschäft unter zweien. Die Gründung der Mittelstandsbank bedarf freilich noch der Zustimmung des Europäischen Kommissars für Wettbewerbsfragen Mario Monti. HANNES KOCH
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