: Schwierig, schwierig
Robert Musil und Ritchie Blackmore sind kompliziert
Schwierig ist es, einen Anfang zu finden. Schwierig ist das richtige Format. Schwierig ist’s am Zigarettenautomat (um drei, nachts, wohlgemerkt).
Schwierig ist die Besonnenheit, schwierig ist die Menschheit. Schwer fällt’s, die Last der Contenance zu tragen, um dann die Menschheit zu ertragen (ertragen zu können). Schwierig ist das Können per se. Man müsste das Können nur können, und alle Schwierigkeiten wären perdu.
Schwierig ist’s, einen Text zu schreiben (das musste mal gesagt werden). Am schwersten wiegt das Müssen, das im Sagen liegt, das gekonnt sein will. Das ist schon alles sehr kompliziert (i. e. schwierig).
Es ist schwierig (oder schwer), das alles zu begreifen. Einen Begriff sich zu machen, das ist nicht ohne weiteres möglich. Die Möglichkeit besteht, aber die Möglichkeit ist keine Wirklichkeit. Sofern man nicht Musils Möglichkeitssinn besitzt.
Schwierig ist es, die Schönheit von Bizets Orchestersuite „L’Arlésienne“ zu beschreiben. Ritchie Blackmores Solohochtonausreißer in dem sonst erwartungsgemäß schön rockenden Song „Too Late For Tears“ zu beschreiben, ist kein Zuckerschlecken, wenn gar unmöglich. Man kann, laut Schopenhauer, hören, aber kann man schreiben? Oder muss man, Tucholskys Erkenntnistreppe hinaufschnaufend, dann besser schweigen?
Ach was und i wo. Man kann bei der Sache bleiben und das Thema erweitern: Schwierig ist das Aufstehn, schwierig ist das Ausgehn. Schwierig ist das Bier, das man noch packen muss, und schwer ist die Welt, die „durstig ist“ (Thomas Bernhard) und „betrunken sein will“ (ders.). Zu erdulden.
Schwierig ist es einfach (und halt), die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit hat fünf Schwierigkeiten. Die sechste ist die Wahrheit selbst. Sagen die, die die Wahrheit schwierig finden.
Dass es schwierig ist mit (beinahe) allem, besagt die schwer erträgliche Rockballade „Meiomei“ (von Slade). Die ist schon schwer daneben. Daneben aber ist alles, was schwer wiegt, weil es nicht in der bierglasklaren Mitte des Lebens liegt. So einfach ist das.
Schwer fällt’s, den einfach (so) fallenden Regen zu ertragen. In diesen dunklen Tagen.
So ist es. Und damit ist sie, die Welt, die ein schwerer Fall ist, mir als so einem Journalisten ein Leichtes und hiermit mal wieder auf Zeilenlänge geschultert.
JÜRGEN ROTH
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