Asylrecht in Dänemark: Kopenhagen beschließt Asylstopp
Dänemark verlässt das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Nicht einmal 500 Flüchtlinge will es noch jährlich aufnehmen.
2017 haben rund 2800 Flüchtlinge in Dänemark Asyl gesucht – die niedrigste Anzahl seit vielen Jahren. Trotzdem gibt die Regierung an, das Land brauche eine „Atempause“. Es gebe daher keine Möglichkeit zur Übernahme von den jährlich 500 Quotenflüchtlingen, zu der sich Kopenhagen gegenüber der UN-Flüchtlingsorganisation verpflichtet hat.
Seit 1978 hatte sich Dänemark an dem sogenannten Resettlement-Programm der Vereinten Nationen beteiligt: Flüchtlinge sollen damit aus den meist benachbarten Zufluchtsländern der Krisenregionen in Drittländern Aufnahme finden. Doch nun hat das dänische Parlament ein Gesetz verabschiedet, um genau das nicht mehr zu tun – und zwar nicht nur mit den Stimmen der regierenden rechtsliberal-konservativen Koalition und der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, sondern auch denen der Sozialdemokraten. Sie stimmten als einzige der linken und linksliberalen Oppositionsparteien dafür.
Das Argument der Parlamentsmehrheit: Die Aufnahme einer hohen Zahl von Asylsuchenden überfordere noch für längere Zeit die Integrationsfähigkeit des Landes. Damit sind die Flüchtlinge gemeint, die 2015 nach Dänemark gekommen waren, bevor das Land die Grenzen Anfang 2016 durch Einführung permanenter Grenzkontrollen dicht gemacht hatte.
„Eine absurde Begründung“ erklärt Trine Christensen, Generalsekretärin der dänischen Sektion von Amnesty International. Die dänische UNHCR-Sprecherin Elisabeth Arnsdorf Haslund bedauert, dass nun noch weniger Plätze bereitstünden: „Dabei bräuchten wir doch viel mehr, damit die Länder in den Nahregionen, die sehr, sehr viele Flüchtlinge aufnehmen, nicht alleine dastehen.“
Sofie Carsten Nielsen
„Die Welt braucht mehr internationale Zusammenarbeit und nicht weniger“, kritisiert auch Sofie Carsten Nielsen, außenpolitische Sprecherin der dänischen Linksliberalen: „Wenn sich alle Länder so benehmen würden wie wir, könnten wir internationale Abkommen vergessen.“ Es sei nicht nur peinlich und unsolidarisch, dass sich ein reiches Land wie Dänemark so verhalte, während etwa Norwegen, Schweden oder Island ihre Quoten erhöht hätten. Man liefere auch anderen Ländern einen Vorwand, ähnlich zu agieren. „Und dann bricht dieses System zusammen“, so Nielsen.
Auf „67“ wird Ministerin Støjbergs Zählmaschine im Übrigen nicht lange stehen bleiben – sie hat bereits weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut