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zahl der wocheVon Präsidenten und Börsenkursen

Alles schrecklich unklar

Der Nasdaq brachte es diese Woche auf ein neues Jahrestief. Was verhagelt den Börsianern die Laune? Der immer noch hohe Ölpreis? Längst vergessen. Eine drohende Rezession? Nicht in Sicht. Nein: Es ist die ungeklärte Präsidentschaftswahl in den USA. Seit der Abstimmung verlor der Nasdaq elf Prozent. Um es mit einem dieser Analysten zu sagen: „Unsicherheit ist nicht gut für die Börse.“

Fragt sich: welche Unsicherheit? Die USA hat einen Präsidenten: Bill Clinton. Sein Nachfolger muss erst Mitte Januar übernehmen. Wer das ist, steht im Prinzip auch schon fest. Nur muss es halt noch ausgezählt werden.

Unsicher ist allein, was die Börsianer eigentlich wollen. Vor der Wahl hieß es, am besten sei ein Patt zwischen Republikanern und Demokraten, nach dem Motto: Die einen stellen den Präsidenten, die anderen beherrschen den Kongress. Streng nach dem Börsianermotto: Politiker sind unvernünftig, oder besser: Sie halten sich gegenseitig in Schach.

Nun ist das Patt da: Die Mehrheitsverhältnisse im Kongress sind so eng, dass keine Partei durchmarschieren kann – egal, wer den Präsidenten stellt. Und nach dem Auszählstreit wird sich der neue Staatschef um Ausgleich bemühen müssen. Besser gehts nicht.

Doch nun betonen Analysten plötzlich, Bush sei eben viel besser als Gore. Und deshalb sei alles so schrecklich unsicher.

Dabei unterscheiden sich die beiden kaum: Unterm Strich mag Bush besser für die Branchen Öl und Pharma sein. Doch gerade die blieben vom Verfall verschont.

Die Börsengurus, die sich so rational geben, wissen auch nicht, wo es langgeht. Ob „life science“ oder „merger mania“ – stets treiben sie die Bosse neuen Moden hinterher. Bis sie sie wieder abstrafen – und das Gegenteil verlangen.

„Wenn die politische Lage erst einmal geklärt ist“, meint der Chefanalyst der First International Securities, „werden wir wieder zur Wirtschaft zurückkehren“. Leider wird sich die Lage in der Wirtschaft niemals klären. MATTHIAS URBACH

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