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Untersuchungsausschuss „Gehaltsaffäre“Wie die CDU versucht, einen Skandal zu heraufzubeschwören

Nadine Conti
Kommentar von Nadine Conti

Der Untersuchungsausschuss um die Gehaltsaffäre geht zuende. Die große Empörung blieb aus. Die verzweifelte CDU rettet sich ins hohle Ritual.

Wenn's der Wahrheitsfindung dient, schwört er halt auch noch: Staatskanzleichef Jörg Mielke vor dem Untersuchungsausschuss Foto: Alicia Windzio/dpa

E s war ein etwas seltsames Ritual, dem man da am Dienstag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beiwohnen durfte. In der sogenannten Gehaltsaffäre um die Bezahlung der Büroleiterin von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat die CDU-Opposition darauf bestanden, Staatskanzleichef Jörg Mielke seine Aussage beeiden zu lassen.

Der kam also, sagte kurz, dass er an seiner Aussage nichts zu korrigieren habe, sagte „ich schwöre“ und wurde wieder raus in den Regen geschickt. Einzige Erkenntnis aus dieser Aktion: Es gibt drei verschiedene Eidesformeln, wie der Ausschussvorsitzende Dirk Toepffer (CDU) erläuterte. Eine mit Gott, eine ohne und eine für Leute, die aus religiösen Gründen nicht schwören, ihre Aussage aber trotzdem bekräftigen wollen. Aha.

Mielke nahm die schnöde Atheistenformel, die sich bloß auf Wissen und Gewissen beruft. Viel Eid um nichts, kalauerte die SPD anschließend. Die Juristen unter ihnen werden auch nicht müde zu betonen, dass dieser Eid nichts ändert. Eine Falschaussage im Untersuchungsausschuss ist ohne Eid genauso strafbar wie mit.

Klar ist: Der CDU ist es leider nicht gelungen, die ganz große Empörung zu entfachen. In der Staatskanzlei wurde zwar ganz offensichtlich ordentlich gemauschelt, um der Büroleiterin ein üppiges Gehalt zuzuschustern. Der Schaden hält sich aber in Grenzen: Sie bekam ja genauso viel wie ihre Vorgänger auf dem Posten.

Das magische Denken der CDU

Ungerecht ist das vor allem für Leute, die schon länger auf einen so gut dotierten Posten im Öffentlichen Dienst lauern. Vielleicht regt es deshalb kaum jemanden auf. Vielleicht sind alle schon zu abgebrüht und zynisch. Oder ahnen, dass es anderswo größere Verschwendung von Steuermitteln gibt.

Wozu also dieser Eid? Vordergründig vielleicht, um noch einmal einen großen Auftritt zu produzieren. Unbewusst aber vielleicht auch, weil Konservative einen unheilbaren Drang zur Symbolpolitik haben. Was in anderen Kulturen der Abwehrzauber gegen den bösen Blick ist, ist für die CDU der Schwur.

Dauernd soll irgendwer auf irgendwas schwören: Zugewanderte auf die Leitkultur, Extremisten auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, der Staatskanzleichef auf sein Gewissen. Da scheint magisches Denken am Werk zu sein. Wenn man schon niemanden zum Rücktritt zwingen kann, dann soll ihn doch wenigstens irgendein Unheil ereilen. Oder der Blitz beim Sch.... treffen.

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Nadine Conti
Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020
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1 Kommentar

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  • Matthäus 5 - Bergpredigt:



    Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel für seine Füße, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt des großen Königs. Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören; denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen.



    Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.

    Auch wenn das das mit Haarefärben heute kein Problem mehr ist, sollte man auf die Bibel nicht schwören. Wer es trotzdem tut, zeigt nur, dass er sie nicht gelesen hat.