taz.berlin-Adventskalender (21): French Press, Push und Booster

Eigentlich will unsere Autorin nur ein Weihnachtsgeschenk abholen. Doch dann tut sich plötzlich ein Impffenster auf.

Kaffee in einer French-Press-Kanne aufgebrüht

So gut wird der Kaffee nur in der Stempeldruckkanne

Vorweihnachtshektik, unter coronabedingten Masken, noch anonymer. Begegnungen finden in Eile und mit Sicherheitsabstand statt. Und dann öffnet sich plötzlich doch manchmal eine Tür: eine freundliche Geste, eine Hilfeleistung, ein Gespräch. Die taz.berlin berichtet in ihrem Adventskalender 2021 von solchen Türchen, die die Anonymität einen Moment vergessen lassen.

Bei dem Wort „French Press“ glitzern die Augen meines Gegenübers verdächtig. Auch später ist diese Art der Kaffeezubereitung noch mal Thema. Deshalb tippe ich das Wort am Abend bei Ebay-Kleinanzeigen in den Suchschlitz. Die mit Abstand schönste Stempeldruckkanne befindet sich in Schöneiche. Zu weit, um hinzufahren – und etwas knapp mit Versand.

„Habe Interesse – wäre eine Übergabe in Berlin möglich?“, frage ich. Und schäme mich etwas wegen meiner Großstadthybris: Wie komme ich dazu anzunehmen, dass es Bran­den­bur­ge­r*in­nen dauernd nach Berlin zieht?

„Ich bin Montagmittag in Karlshorst, an der Trabrennbahn“, schreibt sie zurück. Für mich eine schöne Radtour. Wir verabreden uns für kurz nach zwölf auf dem Parkplatz des dortigen Impfzentrums. Dort überreicht sie mir die Kanne: Der silberne Deckel und das blankgeputzte Glas glänzen in der Sonne. Wir wechseln ein paar Worte – ich erzähle, dass es ein Geschenk sein soll, sie freut sich, bei ihnen stand die Kanne nur rum. „Bist du wegen der Impfung hier?“, frage ich sie zum Abschied. „Ja. Und du?“, fragt sie. „French Press“, sage ich und halte die Kanne hoch, wir lachen beide. „Bei mir dauert es noch, bis ich mich boostern lassen kann.“ Ich schwinge mich wieder auf mein Rad.

Schon sitze ich im Wartebereich

Doch nach ein paar Metern drehe ich um. Der Senat hat doch gerade beschlossen, dass schon drei Monate nach der letzten Impfung geboostert werden kann. „Gilt das schon?“, frage ich am Eingang. „Ja.“ Schon sitze ich im Wartebereich und fülle mein Formular aus.

Bei der Registrierung checkt ein Soldat die Daten der letzten Impfung. „Ich bin Nutznießerin der neuen Regelung“, sage ich. „Ich sehe es“, antwortet er. „Aber woher wissen Sie das?“ – „Kam grad als Pushnachricht. Vom RBB.“ – „Ich hätte nicht gedacht, dass wir heute schon Leute nach der neuen Regelung impfen“, sagt er. „Dann bin ich die Erste?“ – „Ja, kann gut sein.“

Als ich vor der Impfkabine Platz nehme, kommt aus der Nachbarkabine meine frisch geboosterte Ebay-Handelspartnerin. „Du hast mich mit deiner Frage animiert“, sage ich, „danke.“ Eine halbe Stunde später fahre ich mit der neuen French-Press-Kanne und meiner unverhofften Booster-Impfung zufrieden nach Hause.

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