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taz Talk über Völkerrecht„Gewalt schließt Dialog aus“

Die Militärschläge auf den Iran durch Israel und die USA werfen die Frage auf: Was zählt das Völkerrecht in Konflikten? Darum ging es beim taz Talk in Berlin am Dienstag.

Ein legitimes, ein legales Ziel? Im Ewin-Gefängnis inhaftierte das iranische Regime seine Gegner:innen Foto: Vahid Salemi/AP/dpa

berlin taz | „Gewalt schließt Dialog aus, im intersubjektiven Verhältnis wie auch zwischen Staaten“, so formuliert es der Völkerrechtler und Publizist Kai Ambos im taz Talk am Dienstag. Nur wenn sich ein Staat vor feindlicher Aggression verteidigen müsse, könne das Gewaltverbot der UN-Satzung ausgesetzt werden. Die jüngsten israelischen Angriffe auf den Iran seien völkerrechtswidrig, da keine unmittelbare Gefahr für Israel bestanden habe.

Politikwissenschaftler Carlo Masala beschreibt, dass die bisherigen Angriffe nicht auf das iranische Atomprogramm begrenzt gewesen, sondern auch auf das Mullah-Regime selbst gezielt hätten. Zudem nimmt er eine kontroverse Differenzierung vor: Man könne die Angriffe als völkerrechtlich illegal und gleichzeitig politisch legitim bezeichnen. Der Iran beabsichtige schließlich seit Jahrzehnten die Vernichtung Israels und unterstütze Milizen, die militärisch gegen Israel vorgehen.

Dem widerspricht Ambos mit einem Plädoyer für die Diplomatie: „Allein militärisch kann dieses Problem nicht gelöst werden“, erwidert er mit Verweis auf den Misserfolg der US-amerikanischen Invasion des Irak im Jahr 2003. Ein durch militärische Intervention erzwungener Regimewechsel habe zweifelhafte Aussicht auf Erfolg – und sei obendrein rechtswidrig.

Die taz-Nahost-Redakteurin Lisa Schneider wägt die realen Folgen der Angriffe ab und kommt zur Einschätzung, dass die militärischen Aktionen der „Opposition keinen großen Schub verliehen haben“. Masala pflichtet ihr bei: Er befürchtet sogar einen stabilisierenden Effekt für das iranische Regime. Es sei denkbar, „dass die Revolutionsgarden jetzt noch mehr an Einfluss gewinnen“.

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Im Laufe der Diskussion, moderiert vom taz-lab-Redakteur Moritz Martin, wird die Trennung zwischen völkerrechtlicher Legalität und politischer Legitimität zum großen Streitpunkt, auch für das Publikum. Wird das Völkerrecht nicht zu einem wirkungslosen Normenbündel? Ist die Berufung auf das Völkerrecht nicht opportunistisch, wenn sie nur dann erfolgt, wenn sie für die eigenen politischen Interessen eines Staates nützlich erscheint?

Masala zufolge könne die Differenzierung zwischen völkerrechtlicher Legalität und politischer Legitimität sogar dazu beitragen, die Kraft des Völkerrechts zu erhalten. Ohne Kriterien zur Beurteilung der Legitimität eines Angriffs, hält Ambos dagegen, lande man auf jeden Fall beim Recht des Stärkeren und verbleibe orientierungslos.

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