taz-adventskalender (20): Gute Berliner Mischung

Das kommende Jahr bringt Hoffnung für Obdachlose. In einem Hausprojekt im Wedding sollen sie Essen und Schlafmöglichkeiten bekommen

Wer am Hansaplatz schläft, riskiert Stress Foto: dpa

Während die S-Bahn über ihren Köpfen rattert, drängen sich Obdach- und Wohnungslose in dem Backsteinbogen unter den Gleisen am Hansaplatz. Sie warten auf eine warme Mahlzeit oder Kleidung für kalte Nächte, die ihnen die Berliner Obdachlosenhilfe zur Verfügung stellt. Doch selbst im Schatten der S-Bahn-Bögen sind die Parias der Stadt nicht immer gern gesehen. Regelmäßig kommt es zu Konflikten mit Anwohner*innen. Zuversicht verspricht das Jahr 2019, wenn der Verein Räume im neuen Hausprojekt der „Wohnbaugenossenschaft am Ostseeplatz“ in der Weddinger Lynarstraße bezieht.

Thomas Isenberg (SPD), Abgeordneter für den Wahlkreis Mitte 3, spricht von einem „hohen Problemdruck“ am Hansaplatz. Anwohner*innen hätten sich über Vermüllung, aggressives Verhalten und betrunkene Männergruppen beschwert. Für viele gebe es hier „Angst­räume“, sagt er. Von Angst spricht auch eine obdachlose Frau, die in Decken eingeschlagen vor dem Supermarkt am U-Bahnhof kauert. Die Nacht würde sie dort nicht verbringen, seitdem Männer auf sie uriniert hätten.

Isenberg plädiert deshalb für eine Doppelstrategie aus Prävention und Präsenz: „Das bedeutet, dass wir mehr Sozial­arbeit brauchen“, sagt er. Aber auch: Ordnungsamt und Polizei.

Kontaktorte für den Kiez

Johannes W., der seit zwei Jahren bei der Berliner Obdachlosenhilfe ist, spricht mit Blick auf die aktuelle Lage jedoch eher von einem mangelorientierten Angebot. Es fehle zudem eine Rückkopplung zwischen den Betroffenen und der Gesellschaft.

Im neuen Haus soll diese Rückkopplung stattfinden, so schwebt es jedenfalls Richard Schmitz, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft, vor. Die Gewerberäume im Erdgeschoss werden ausschließlich an soziale Projekte vermietet und sollen als Kontaktorte für den Kiez fungieren.

Die Obdachlosenhilfe kann ihre Gäste dort nicht nur mit Essen versorgen, sondern auch dreimal wöchentlich im Nachtcafé beherbergen. Im ersten Stock soll es größere Wohngemeinschaften geben, in denen WGs mit Geflüchteten, Alleinerziehende, Familien oder aus der Obdachlosigkeit Kommende zusammenwohnen. „Berliner Mischung eben“, sagt Schmitz. Vielleicht wird das auch die Situation am Hansaplatz entschärfen.

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