taz-Serie Im Haifischbecken: Protest gegen Ausverkauf

Am Samstag will der Eigentümer ein Neuköllner Mietshaus versteigern lassen. Die Bewohner protestieren – und hoffen, dass keiner kauft.

Ein Haifisch schwimmt durchs Becken

Und der Haifisch, der hat Zähne… Foto: dpa

Die Hilferufe mehren sich. Ein Café hier, ein Buchladen da, ein Kindergarten oder gleich ein ganzes Mietshaus: überall in der Stadt fürchten MieterInnen und Gewerbetreibende um ihre Existenz. Sie werden hinausgentrifiziert, gekündigt, zwangsgeräumt. Und immer mehr von ihnen wehren sich. Wir erzählen ihre Geschichten. Auch betroffen? haifischbecken@taz.de

Der kleine Fisch: Die Bewohner von 24 Wohnungen in einem Wohnhaus samt Gartenhaus in der Boddinstraße 20 in Neukölln. Sie wehren sich seit Jahren gegen teure Modernisierungsmaßnahmen und nun gegen die Versteigerung ihres Hause. Seit 2016 versucht der Eigentümer, Fenster und Gasthermen auszutauschen – mit Genehmigung des Bezirksamts, das über solche Maßnahmen in Milieuschutzgebieten entscheidet und auf Nachfrage auf den „Rechtsanspruch“ des Vermieters auf solche energetischen Sanierungen verweist.

Die Kritik der Bewohner: Die angesetzten Preise für die Maßnahmen seien „exorbitant überhöht“ und hätten hohe Mietsteigerungen zur Folge. Also lehnten sie die Maßnahmen aus Härtefallgründen ab. Der Vermieter scheiterte in mehreren Fällen vor Gericht mit Klagen auf Duldung.

Die notwendige Sanierung der ­brüchigen Fassade verschleppte der Eigentümer dagegen selbst; aus Sicht der Bewohner bewusst, um auch hier energetisch sanieren zu können, wenn die Fassade zu mehr als 10 Prozent schadhaft ist. Die Mieter antworten mit Transparenten an ebenjener Fassade: „40 Jahre nicht saniert, jetzt wird heftig spekuliert.“

Der große Fisch: Am Samstag will der Eigentümer das Haus loswerden mittels einer Versteigerung im Auktionshaus Karhausen. In der Anzeige heißte es über diese „Kapitalanlage mit Potential“: „Reizvoll wäre ein späterer Weiterverkauf der Eigentumswohnungen“ – das Haus wurde bereits 2015 aufgeteilt.

Das ist auch der Grund, warum der Bezirk kein Vorkaufsrecht ausüben kann. Als Mindestgebot sind 6,8 Millionen Euro angesetzt, das 40-fache der Jahresmiete. Genauso lange wohnt auch der älteste Mieter schon im Haus.

Wer frisst hier wen? Die Hoffnung der Bewohner ist, dass niemand das Mindestgebot abgeben wird oder dass zu einem niedrigeren Preis verkauft wird, sodass sie über ihr individuelles Vorkaufsrecht selbst in den Besitz des Hauses gelangen. Vor der Versteigerung wollen sie demonstrieren, am Samstag, 10 Uhr, Friedrichstraße 180.

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